J. SACHSLEHNER: „DER TOD IST EIN MEISTER AUS WIEN"

Erst durch den Film „Schindlers Liste" wurde Amon Leopold Göth (1908-1946) für einige Zeit bekannter als eine der widerwärtigsten Gestalten der Nazi-Zeit. Er war der Schlächter von Plaszow, jenem KZ, aus dem Oskar Schindler mit viel Mut und Schlitzohrigkeit 1200 Juden vor der Ermordung rettete. Die erste Biographie, die sich Göths mörderischer Vita widmet, offenbart in beklemmender Weise, dass dieser in der Realität noch unmenschlicher war, als im Film dargestellt.

Der Tod ist ein Meister aus Wien" hat der österreichische Historiker Johannes Sachslehner das exzellent recherchierte Buch überschrieben, und er beschreibt darin einen Widerling, der mit seinen kriminellen Machenschaften schließlich im August 1944 selbst innerhalb der SS in Ungnade fiel. Dabei galt der gut aussehende Hüne dank seiner glühenden Begeisterung für den Nationalsozialismus, seiner intensiven Einsatzbereitschaft, aber auch wegen der hervorragenden Manieren und dem Auftreten eines Wiener Gentleman als das Paradebeispiel eines SS-Offiziers.

Detailliert beschreibt der Autor, wie dieser Bürgersohn zum Schulversager wurde, weil er sich lieber für den neuen Geist unter dem Zeichen des Hakenkreuzes engagierte. Schon mit 17 tritt er 1925 in die NSDAP ein und 1930 bereits ist er auch SS-Mitglied. Nach dem Anschluss Österreichs ans Reich heiratet er ein zweites Mal, verlässt aber auch diese Familie schon 1940 mit dem Ziel Generalgouvernement. Dort im zerschlagenen Polen sieht er unter dem großmäuligen Gauleiter Hans Frank seine Chancen. Im Stab von Odilo Globocnik, dem Kommandeur der „Aktion Reinhardt" zur Vernichtung der Juden im eroberten Osten, macht „Mony" - so dürfen ihn jedoch nur Familie und gute Freunde nennen – Karriere.

Dort aber findet er nicht nur Gefallen am Massenmord sondern auch an den möglichen Profiten, wobei ihn seine zügellose Raffgier später Ämter und Freiheit kosten werden. Göth ist ein geschickter Organisator und nach einigen kleineren Lagern übernimmt er schließlich als Kommandant das neue Zwangsarbeitlager Plaszow bei Krakau, wo er endgültig zum unberechenbaren Massenmörder wird, der mit sadistischer Hingabe und voller Vergnügen eigenhändig mindestens 500 Menschen umbringt.

Den Gipfel der Abscheulichkeit setzt dabei die unfassbare zynische Beiläufigkeit, mit der er etliche dieser Untaten beging. Und Göth wie auch seine Schergen berauschen sich noch an der Effizeinz, mit der sie ihre Vernichtsarbeit betreiben. Dies so sehr, dass der von den Polen 1946 angeklagte und dann hingerichtete Verbrecher im Gerichtssaal entgeistert reagiert, als es doch noch Juden gibt, die gegen ihn aussagen können.

Zugleich bringt Sachslehner hier auch die aberwitzigen Praktiken zur Sprache, mit denen Oskar Schindler als „Geschäftspartner" ausgerechnet diesem Göth das Leben von 1200 Juden abgaunert. Ohnehin lassen einige ebenso fesselnde wie beklemmende Schilderungen von Einzelschicksalen von KZ-Insassen das infernalische Leiden unter der allgegenwärtigen Willkür des Sadisten in seiner ganzen Entsetzlichkeit ahnen. Fazit: ein Buch, das längst fällig war zur Erinnerung, aber auch gegen Antisemitismus und Menschenverachtung, die Göth wie nur wenige im Nazi-Regime verkörperten.

# Johannes Sachslehner: Der Tod ist ein Meister aus Wien. Leben und Taten des Amon Leopold Göth; 400 Seiten, div. Abb.; Styria Verlag, Wien; € 24,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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