HEINRICH STEINFEST: „MARIASCHWARZ"

Heinrich Steinfests Krimis sind nicht nur einfach solche, vielmehr schreibt er komplex, mit philosophischen Einschüben und überhaupt sehr literarisch. Wie bei seinem neuen Roman „Mariaschwarz", benannte nach einem See mit tiefschwarzem und angeblich fischlosem Wasser.

Im Ort Hiltroff an diesem See nun haust der heruntergekommene Geschäftsmann Olander im einzigen Hotel, weil die letzte Spur seiner vor drei Jahren entführten kleinen Tochter hierher führte. Seine Geschichte erzählt der Trinker dem Hotelwirt aber erst, als dieser ihn vorm Ertrinken im See gerettet hat. In dem wird dann vermeintlich ein Ungeheuer gesichtet, bei Nachforschungen mit einem U-Boot findet man stattdessen jedoch das Skelett einer Frau.

Nun erst, nach über 100 Seiten kommt auch Steinfests alter Freund, der Wiener Chefinspektor Richard Lukastik, ins Spiel. Und der entdeckt umgehend eine Verbindung zwischen Olander und dieser Toten. Während immer mehr Personen am Geschehen beteiligt sind, türmen sich all die geäußerten Halbwahrheiten und Überraschungen zu einer echten Herausforderung für den blitzgescheiten wie eitlen Kriminalisten auf, denn weder er noch der Leser können auf bereits sicher Scheinendes vertrauen.

Ohnehin gehen bei diesem Autor die Uhren wohltuened anders und so scheint der Krimi regelrecht zu verflachen, das Interesse an der endgültigen Aufklärung zu versanden. Viele Fäden sind geknüpft, doch der hintersinnige Eigenbrötler Lukastik hat plötzlich sentimentale Anwandlungen, ergeht sich in Erinnerungen und Wiener Befindlichkeiten. Und man höre und staune – der allzeit unbestechliche, aufrechte Beamte gibt sich mitten in den Ermittlungen einer der schrägsten aller denkbaren Liebesbeziehungen hin. Es sei hier jedoch nur so viel verraten: genau diese Beziehung gefährdet sein Alibi, als ausgerechnet er ganz dringend eines braucht.

Das hat unwiderstehliche Raffinesse für anspruchsvolle Leser, denen eine gradlinige Fallaufklärung nicht das einzige Vergnügen an einem gut konstruierten Krimi bedeutet. Trotz aller Philosophereien bleibt dieser hinreißend erzählte Roman mit seinen fesselnden Charakteren, dem wunderbar schwarzen Humor und den vielen gelungenen Überraschungen bis zuletzt spannend. Steinfest ein Kultautor? Zweifellos.

 

# Heinrich Steinfest: Mariaschwarz; 316 Seiten; Piper Verlag, München; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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