DAVID SAFIER: „JESUS LIEBT MICH"

Marie ist Mitte 30, weit entfernt von einer Idealfigur, hat ein Talent für die falschen Männer und sagt dennoch vorm Traualtar im letzten Augenblick Nein. Doch kaum ersäuft sie schier in Selbstmitleid, aus dem selbst die ebenso sarkastische wie lesbische Schwester Kata ihr kaum helfen kann, da tritt Joshua in ihr Leben, ein Zimmermann mit betörender Stimme und recht weltfremden Verhaltensweisen, der den Dachschaden am Hause ihres Vaters im beschaulichen schleswig-holsteinischen Malente beheben soll.

Das ist der Einstieg in David Safiers jüngsten urkomischen Geniestreich „Jesus liebt mich" und der Titel ist wörtlich zu nehmen, wenn man der verstörten Ich-Erzählerin glauben darf. Joshua outet sich nämlich tatsächlich als der wiedergekehrte Jesus und während die so gar nicht religiös belastete Marie sich erst einmal durch ein paar kleine Wunder davon überzeugen lässt, dass er wohl doch keine Schrauben locker sitzen hat, verschweigt ihr der sanfte Heiland den sehr ernsten wahren Grund seines seltsamen Hierseins.

Doch auch so entwickelt sich diese wunderbar schräge Geschichte kompliziert genug, denn Marie soll aus ihrem alten Kinderzimmer fliegen, weil sie Vaters blutjunge weißrussische Geliebte nicht akzeptiert. Zugleich erweist sich ihr seit Jahrzehnten vertrauter Pastor Gabriel als der ehemalige Erzengel und enge Vertraute Jesu, der sich einst entflügeln ließ, weil er sich in eine Sterbliche verliebt hatte. Als er dieser nach endloser Anlaufzeit endlich erotisch zuleibe rückt, ist Marie von den Socken, als sie darin ausgerechnet ihre vor über 20 Jahren ausgbüxte Mutter erkennt.

Während die sehr irdischen Gefühlsverwirrungen zu köstlichen Verwicklungen führen, schält sich der Auftrag des Heilands allmählich heraus: nächste Woche am Dienstag soll Jesus das Jüngste Gericht verkünden! Ob und wie das verhindert werden kann, sei hier nicht verraten, die weiteren Akteure jedenfalls sind vom Feinsten, so gibt George Clooney den Satan und Er, der oberste Himmelsboss, lässt sich als schöne Emma Thompson herab.

Das Alles sprüht einerseits vor Witz und herzhaft deftigem Humor, hat andererseits aber auch seine melancholischen Momente. Außerdem geben manch nachdenkliche Sätze der hinreißend komponierten Geschichte bei aller Leichtigkeit jene Prise Ernsthaftigkeit, die zusammen mit viel Komik und intelligenter Wortklauberei daraus eine gute Komödie werden lässt.

 

# David Safier: Jesus liebt mich; 302 Seiten; Kindler Verlag, Reinbek; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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