SAM BOURNE: „DAS LETZTE TESTAMENT"

Ein Junge stiehlt ein Keilschrifttäfelchen aus dem Museum von Bagdad und Monate später erschüttert eine Mordserie Israel. Sämtliche Opfer waren Archäologen und Historiker, die um die Geheimnisse der Vergangenheit wissen. Gibt es jedoch den einen alle gleich betreffenden Grund und ist das Ziel der Verbrechen womöglich, eine endgültige Eskalation im ohnehin brodelnden Nahost-Konflikt heraufzubeschwören?

Das ist die zunächst dennoch fast zu ruhig anlaufende Ausgangssituation in Sam Bournes neuem Politthriller „Das letzet Testament", der jedoch bald schon in atemlose Hochspannung übergeht. Hauptakteurin ist Maggie Costello, eine renommierte Friedensunterhändlerin, die Washington nach Jerusalem entsendet. Mit all ihrer Erfahrung versucht sie zunächst herauszufinden, was die Morde miteinander verbindet. Umgehend gerät sie in der allenthalben herrschenden Atmosphäre von Verunsicherung selbst in Lebensgefahr.

Tatsächlich spielt die Erkenntnis der Altertumsforscher eine explosive Rolle in dem jahrzehntelangen blutigen Konflikt zwischen Juden und Palästinensern, denn eine der kritischsten Fragen lautet, wer von beiden zuerst in Israel lebte. Dieser realistische Hintergrund unterscheidet Bournes Thriller auch von scheinbar ähnlich gelagerten Spekulationen eines Dan Brown, mit dessen Fähigkeiten der britische Autor übrigens bequem mithalten kann.

Sein Vorteil in diesem Fall ist zudem, dass er unter seinem Echtnamen Jonathan Freedman jahrelange Insiderkenntnisse als Top-Journalist im Nahen Osten gesammelt hat und Geschehen wie ausgesprochen präzises Lokalkolorit aus intensiver eigener Anschauung komponieren konnte. Da zweifelt man schließ0lich sogar an der Zusicherung, dass sämtliche Ähnlichkeiten der Protagonisten mit realen Personen reiner Zufall seien.

Die Zutaten bei Maggie Costellos Kampf zur Rettung der letzten Friedensverhandlungen sind infernalisch, denn niemandem kann man trauen, kein Computer ist sicher, Abhörwanzen sind allgegenwärtig und es verstärkt sich sogar der Verdacht, dass ein Militärputsch in Israel bevorsteht. Zu den sich immer wieder geradezu überschlagenden Ereignissen hat Bourne einen hilfreichen dramaturgischen Kniff eingebaut, wie man ihn von manchen Filmen kennt: jedem der vorwärtstreibenden Kapitel sind Orts- und Zeitangabe beigestellt, zumal manche Szene die andere simultane unmittelbar beeinflusst.

Bei so viel Hochspannung fällt es schließlich im Finale schwer zu glauben, dass wirklich Hoffnung aufkommen sollte. Mehr, als dieser geballte authentische Einblick in den Nahost-Konflikt zu vermitteln mag. Gleichwohl gehört dieser absolut filmreife Thriller wegen des gekonnt rasanten Stils und der glaubwürdigen Protagonisten in die Oberklassse des Genres.

 

# Sam Bourne: Das letzte Testament (aus dem Englischen von Rainer Schmidt); 477 Seiten, broschiert; Scherz Verlag, Frankfurt; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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