HANSGEORG HERMANN: „MIKIS THEODORAKIS"

Mikis Theodorakis ist unzweifelhaft einer der größten zeitgenössischen Künstler, zugleich ist sein Schicksal eng verbunden mit den düsteren Leidensjahren seiner griechischen Heimat von den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts bis zum Ende der Obristen-Diktatur im Jahre 1974. Der 1925 auf der Insel Chios geborene Ausnahmekünstler gibt mit 17 Jahren sein erstes Konzert und entkommt 1943 erstmals nur knapp dem gewaltsamen Tod durch ein Erschießungskommando der SS.

Wie das von triumphalen künstlerischen Erfolgen begleitete Leben dieses Genies zugleich immer wieder von Verfolgungen und schlimmsten Folterungen im Bürgerkrieg der späten 40er Jahre und dann unter den Obristen seit 1967 an den Rand nicht nur der physischen Vernichtung führte, das schildert Hansgeorg Hermanns Biographie „Mikis Theodorakis – Der Rhythmus der Freiheit". Der Journalist und Griechenland-Kenner hat fünf Jahre dafür recherchiert und etliche Zeitzeugen interviewt. Da er außerdem auch eingehend mit dem seit 1994 zurückgezogen lebenden Künstler sprechen konnte, ist dies die erste autorisierte Biographie zu dessen Leben als Musiker, Komponist, Schriftsteller und Politiker geworden und sie liest sich großenteils wie ein spannender politischer Roman.

Schon der Vater hatte das riesige Talent des Jungen erkannt und gefördert, als sich diesem bei ersten Klavierstunden immer wieder eigene Melodien dazwischendrängten. Im Wechselbad zwischen Befreiungskampf und glanzvollem Musikstudium, zwischen der ersten Oper mit 19 und mehrfachen Leidenszeiten in verschiedenen KZs als politisch aktiver Mensch entstand ein in Größe, Vielfalt und Umfang unvergleichliches künstlerisches Werk. Die Kunst und die Gesinnung als ebenso idealistischer wie leidenschaftlicher Linksdemokrat machten ihn schon ab 1960 zum Vorreiter der kulturell-politischen Erneuerungsbewegung Griechenlands.

Und brachten ihn 1967 unter den Obristen erneut ins Vernichtungslager. Doch Theodorakis war inzwischen bereits weltberühmt – nicht zuletzt durch seine unsterbliche Musik zum Film „Alexis Zorbas" - dass die Junta seine Eliminierung scheute und eine internationale Solidaritätsbewegung 1970 sogar seine Abschiebung ins Pariser Exil erreichte. Von dort aus wirkte der schwer Geschundene mit seinen neuen Werken, allen voran dem grandiosen und weltweit umjubelten Oratorium zu Pablo Nerudas „Canto General" verheerend auf die Diktatur in der drangsalierten Heimat.

Nach deren Zusammenbruch kehrte Theodorakis 1974 triumphal zurück und wurde auch erneut ins Parlament gewählt. Im Gegensatz zu den unzähligen Erfolgen mit seinen musikalischen Werken war ihm auf politischer Ebene allerdings nur mäßiger Erfolg beschieden und die Enttäuschungen überwogen. Um so wichtiger war sein Wirken als Leitfigur einer generellen Erneuerung Griechenlands, für die er sich 1990 bis 1992 sogar als Minister einer Allparteienregierung einsetzte.

Diese bei aller Verehrung für den großen Griechen wohltuend sachliche Biographie zeichnet ein Gesamtbild des vielgeehrten Künstlers, Homo Politicus und Menschen, das seinem Wirken und seiner Bedeutung wohl sehr weitgehend angemessen sein dürfte. Wer Mikis Theodorakis einmal selbst bei einem seiner gefeierten Konzerte erleben durfte, wird wissen, wie genau insbesondere seine unbändige Leidenschaft hier getroffen ist.

 

# Hansgeorg Hermann: Mikis Theodorakis – Der Rhythmus der Freiheit; 272 Seiten, div. Abb.; Verlag Neues Leben, Berlin; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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