ANDREW McGAHAN: „LAST DRINKS"

George Verney ist seit zehn Jahren trocken, lebt in einem abgelegenen Kaff, wo er für die Lokalzeitung arbeitet. Alles weit weg von einer Vergangenheit, die alkoholdurchtränkt war und in der er mit einem riesigen Korruptionsskandal in Queenslands Hauptstadt Brisbane zu tun hatte, ohne das ganze Ausmaß damals auch nur annähernd so recht zu durchschauen.

Doch die Vergangenheit holt ihn brutal wieder ein, als ein Telefonanruf ihn aus dem Schlaf reißt: George soll die Leiche seines alten Freundes Charlie identifizieren. Der wollte offenbar zu ihm, wurde jedoch grausam gefoltert und umgebracht. Warum aber sollte jemand einen solchen heruntergekommenen Säufer derartig spektakulär hinrichten? Das muss George herausfinden, das ist er schon Charlies Frau May schuldig, mit der ihn damals eine heimliche, obsessive Liebesaffäre verband.

Das ist der fulminante Einstieg zu Andrew McGahans in Australien preisgekröntem Politthriller „Last Drinks", der nicht nur eine höchst gefährliche Spurensuche sondern auch eine Höllenfahrt zurück in die tiefsten Tiefen eigener Selbstzerstörungsexzesse eröffnet. Was früher so vertraut war in der Hauptstadt, Personen, Lokalitäten, Verflechtungen, alles erscheint jetzt fremd. Und vieles offenbart eine ungeahnte Verderbtheit vom charismatischen Politiker Marvin „Magic" McNulty über Strippenzieher und korrupte Polizisten und die Machthaber von damals sind durchaus nicht ausgeschaltet.

McGahan fesselt dabei gleich durch zwei meisterhaft miteinander verwobene Aspekte: die beklemmende Trinkerballade mit all ihren Seelenqualen und die Recherchen in einem Skandal, der auf Tatsachen beruht und 1989 den Bundesstaat Queensland so massiv erschütterte, dass die Regierung stürzte und beinah sogar das gesamte Gefüge des Staates mit seinem bis in Polizei und Gewerkschaften reichenden mafiösen Komplex zum Einstuzr brachte. Vieles scheint sich auch zehn Jahre danach nur oberflächlich verändert zu haben, darunter aber brodelt es ebenso verdächtig wie gefährlich.

Das Alles ist virtuos mit vielen Zeitsprüngen komponiert, die nie jedoch den Anschluss verlieren lassen und stattdessen mit ständig steigender Spannung ein hinreißendes düsteres Mosaik entwerfen. McGahan hat hier auch dank seiner knappen schnörkellosen Sprache ein raues, rasantes Lesevergnügen geschaffen.

 

# Andrew McGahan: Last Drinks (aus dem Englischen von Uda Strätling); 462 Seiten; Antje Kunstmann Verlag, München; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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