JEREMY SCAHILL: „BLACKWATER"

Der typische Mitarbeiter der US-Firma Blackwater sieht aus wie eine Figur aus einem blutrünstigen Actionfilm: Bodybuilder-Statur, kurzgeschorenes Haar, protzige Sonnebrille, khakifarbene Uniform mit Munitionsweste und hochgerollten Ärmeln. Nicht zu vergessen das Firmenlogo, eine Bärenklaue im Fadenkreuz.

Blackwater? Ja, das ist eine der privaten Sicherheitsfirmen, ohne die die amerikanische Besetzung des Irak längst nicht mehr haltbar wäre. Ihre wahre Identität jedoch ist die einer Söldnertruppe mit der Lizenz zum Töten, mit der die Blackwater-Männer bedenkenlos und ohne zu zögern auf jeden schießen, der ihnen verdächtig erscheint. Die Truppe ist durchweg aus ehemaligen Mitgliedern von Elitetruppen wie der Delta Force oder den Navy Seals rekrutiert und jeder von ihnen verdient mit 650 Dollar pro Tag so viel wie ein US-Soldat pro Woche.

Dies und noch viel mehr über die geheime Privatarmee der US-Regierung hat Jeremy Scahill, Journalist der liberalen Zeitschrift „The Nation", intensiv recherchiert und in seinem Buch „Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt" detailliert dargestellt. Endgültig weltweite Aufmerksamkeit an den Aktivitäten der Söldnertruppen weckte dann der so genannte „blutige Sonntag", als am 16. September 2007 ein von Blackwater-Sicherheitspersonal bewachter Konvoi sich von einem verwirrten irakischen Autofahrer bedroht fühlte. Die Blackwater-Söldner schossen sicherheitshalber auf alles was sich bewegte.

Am Ende waren 17 Einheimische tot und viele verwundet. Die irakische Regierung nannte es Mord und forderte den Abzug von Blackwater, was das US-Außenministerium ablehnte. Persönlich belangt werden kann keiner der Söldner, dafür sorgt Order Nr. 17 von 2004, die die völlige Straffreiheit für private Militärs garantiert. Auch in USA gibt es laut US-Justizministerium weder nach militärischem noch nach zivilem Recht eine Handhabe gegen Verbrechen der Söldner: „Diese Leute stehen jenseits des Rechts."

Scahill hat den schleichenden Werdegang von Blackwater und ähnlichen Firmen untersucht, der Anfang der 90er Jahre durch massive Änderungen im Militärapparat eingelietet wurde. Es war der heutige Vizepräsident Dick Cheney, der neben der Truppenreduzierung für die Auslagerung etlicher Bereiche sorgte. Erik Prince, erzkonservativer Millionenerbe und ehemaliger Navy Seal-Angehöriger, gründete Blackwater in North Carolina mit einem riesigen Areal als Ersatz für die wegfallenden Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten des Militärs. Den explosiven Aufschwung jedoch ermöglichten erst die Ereignisse des 11. September 2001.

Blackwater ist nicht die einzige und auch nicht die größte Söldnerfirma, doch Prince hat den besten Draht nach Washington, zumal er die militanten christlichen Extremisten massiv finanziell unterstützt. Ohnehin ist die Blackwater-Ideologie der religiösen Doktrin George W. Bushs sehr nahe. Scahill Recherchen bringen es auf den furchtbaren gemeinsamen Punkt: „Christliche Vormacht – und sei es durch Mord." Das solcherlei private Söldnerarmeen mit ihren zigtausende „Angestellte" zählenden Mitgliedern nicht zuletzt dank der ihnen garantierten Immunität auch in der Heimat zu einer gravierenden Gefährdung der Demokratie zu werden drohen, ist eine der beklemmenden Erkenntnisse dieses ungeheuer wichtigen Buches. Dabei ist es schon ein beängstigendes Zeichen, dass keine der großen US-Zeitungen das Werk rezensiert hat – trotz seiner Brisanz und obwohl es auf den Beststellerlisten stand.

 

# Jeremy Scahill: Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt (aus dem Amerikanischen von Bernhard Jendricke und Rita Seuß); 351 Seiten; Antje Kunstmann Verlag, München; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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