SIMON BECKETT: „KALTE ASCHE"

Schon sein Erstling „Die Chemie des Todes" war ein starker Thriller, doch mit dem neuen Roman um den Rechtsmediziner David Hunter steigert sich Simon Beckett noch einmal gewaltig. „Kalte Asche" lautet der Titel, denn genau das ist alles, was von einer Leiche auf der abgelegenen Insel Runa vor der schottischen Küste übrig geblieben ist.

Der pensionierte Inspektor Brody hatte die Tote entdeckt und der wenig erfreute Hunter, der eigentlich auf der Heimreise war, findet schnell heraus, dass es sich um eine jüngere Frau gehandelt hat. Und offenbar um Mord. Bevor er Unterstützung vom Festland herbeirufen kann – die bei den eigenbrötlerischen Insulanern allerdings ohnehin herzlich unwillkommen wäre – schneidet ein heftiger Sturm die Insel von der Außenwelt ab. In der geradezu klaustrophobischen Enge der Insel scheinen nun nicht nur allerlei tiefe Gegensätze durch die vermeintliche Gemeinschaft auf, es wird auch schnell klar, dass der Mörder noch vor Ort sein muss.

Und die Situation wird nicht nur für Hunter, Brody und den versoffenen Insel-Constabler bedrohlich, denn bald brennt erst das Gemeindehaus und dann ein Boot, auf dem eine reichlich neugierige Reporterin nächtigt. Obendrein kommt der Constabler während seiner Wache in einem Wohnwagen ebenfalls in den Flammen um. Das Alles jedoch entwickelt sich zunächst nur langsam auf der an sich so malerischen Insel mit ihren einsamen Hügeln, den steinzeitlichen Gräbern und den rauen Wettererscheinungen. Gerade diese schleichende Steigerung der Spannung jedoch gehört zu den Qualitäten des Romans, der eine unentrinnbare Sogwirkung aufbaut und dabei auch nicht an atemberaubenden Effekten spart.

Die Athmosphäre ist dicht und wartet immer wieder mit unheimlichen Momenten und ebenso unerwarteteten wie glaubwürdigen Wendungen auf, wenn der oberflächlich so träge Inselalltag aufbricht. Natürlich darf hier die bis zuletzt verblüffende Auflösung nicht verraten werden, verraten werden darf aber, dass das Geschehen bis zur buchstäblich letzten Zeile fesselt. Zu dem großen Lesevegnügen trägt außerdem bei, dass Simon Beckett das Wälzen massiver persönlicher Probleme seines Ich-Erzählers zugunsten einer wohltuenden Sachlichkeit reduziert und zugleich die Zeichnung der Charaktere noch weiter verfeinert hat.

Fazit: ein hochklassiger Thriller in bester britischer Krimi-Tradition und zugleich hochmoderne Spannungslektüre mit Niveau.

 

# Simon Beckett: Kalte Asche (aus dem Englischen von Andree Hesse), 432 Seiten; Wunderlich Verlag, Reinbek; 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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