OLIVER BOTTINI: „IM AUFTRAG DER VÄTER"

Wie bei seinen beiden vorherigen hochklassigen Kriminalromanen gelingt es Oliver Bottini erneut, mit einer meisterhaft aufgebauten Eröffnung sofort eine Athmosphäre subtiler Spannung aufzubauen. Dabei beginnt das Geschehen gar nicht mit einer großen Straftat, dennoch wird das Bedrohliche, ja Unheimliche der Situation sogleich spürbar.

Eines Nacht steht ein abgerissen aussehender Fremder vor Paul Niemann und flüstert düster mit slawischem Akzent: „Gehst weg mit Familie. Ist mein Haus. Gehst weg sieben Tag." Vor allem die mitgeführte Pistole veranlasst die Polizei, den Vorfall sehr ernst zu nehmen. Und es ist wieder Kommissarin Louise Boni von der Freiburger Kripo, die mit viel Fingerspitzengefühl versucht, über mögliche Motive auf die Spur des Fremden zu kommen. Wieso beansprucht der Eindringling ein Haus, das die Niemanns erst vor vier Jahren als Neubau gekauft haben?

Im Auftrag der Väter" lautet der Titel, doch der Beweggrund dieses Auftrags schimmert erst allmählich auf, denn weder der unscheinbare Kommunalbeamte Niemann noch seine Frau haben den Mann je zuvor gesehen. Louise Boni hat dunkle Ahnungen von den lauernden Gefahren, denn der Fremde war in jener Nacht im ganzen Haus umhergewandert. Hinzu kommt der seltsame, von ihm gemurmelte Psalm und die Drohung der sieben Tage. Um so dramatischer trifft alle Beteiligten, als der Fremde nicht die vermeintliche Frist abwartet, sondern nach drei Tagen das Haus anzündet.

Die Niemanns samt Tochter und Sohn werden rechtzeitig vom Täter aus dem Haus gescheucht. Der Familienvater jedoch, der nach dem von seiner Frau herbeigeführten Umzug aus München hierher ohnehin nie Wurzeln gefasst hat, ist nun ein gebrochener Mann und nur an der 16-jährigen Carola liegt es im Wesentlichen, dass die Familie noch zusammenhält. Zugleich drehen sich die Ermittler im Kreis auf der Suche nach dem unheimlichen Fremden. Kommissarin Boni aber setzt sich über Anordnungen hinweg und tatsächlich stößt sie in München auf die Spur einer Verbindung aus Niemanns früherer Tätigkeit, die auf bosnische Flüchtlinge aus dem Jugoslawien-Krieg verweist.

Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn die Polizei rechnet mit einer weiteren Attacke. Die selbstquälerische Louise Boni befürchtet sogar, dass verquere Rachegelüste den Fremden treiben und gar nicht Niemann selbst das unmittelbare Ziel sein könnte. Derweil hat die Polizei das Haus der Schwägerin, in der die Familie Unterschlupf gefunden hat, regelrecht zu einer Festung gemacht. Wieso es dennoch zur Katastrophe kommen kann und welche Konsequenzen das für die wie stets sehr persönlich engagierte Louise Boni mit all ihren eigenen Problemen hat, soll hier nicht weiter verraten werden.

Packend aber bleibt dieser ausgesprochen eindringlich erzählte Roman bis zuletzt und das nicht nur dank der virtuosen Sprachbeherrschung und der exzellent gezeichneten Charaktere. Bottini fügt diesmal tief bewegende Dimensionen in das Geschehen ein vom schicksal der einst in Bosnien angesiedelten Donauschwaben bis hin zum Wahnsinn beim Auseinanderbrechen Jugoslawiens und schafft damit ein Werk, das über die Qualitäten eines 'normalen' Krimis meilenweit hinausgeht.

 

# Oliver Bottini: Im Auftrag der Väter; 444 Seiten; Scherz Verlag, Frankfurt; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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