BEN FONG-TORRES: „THE DOORS BY THE DOORS"

Es gibt etliche Biographien zu der Kultband The Doors und zu deren charismatischem Sänger Jim Morrison, doch eine wie diese noch nicht: „The Doors by the Doors". Gleich zwei Qualitäten machen den opulenten Großband mit den über 500 Fotos inklusive vieler bisher unveröffentlichter zu einer Biographie der Sonderklasse: der renommierte Spitzenjournalist Ben Fong-Torres („Rolling Stone" u.a.) hat sowohl die überlebenden Bandmitglieder wie auch Morrisons Familie und andere Zeitzeugen eingehend interviewt und in deren Antworten themenbezogene Originalaussagen des Sängers und Poeten eingeflochten.

Zum Anderen finden hier auch die herausragenden Talente von Ray Manzarek, Robbie Krieger und John Densmore als Musiker und Songschreiber endgültig eine angemessene Würdigung. Erst dadurch wird der kreative Prozess deutlich, der aus Morrisons hoch künstlerischer Poesie das faszinierende Kunstwerk der Doors-Musik entstehen ließ, weil einfach alles perfekt zusammenpasste. Ohnehin war die Band, die sich nach Aldous Huxleys Buch „Doors of Perception" (Türen der Wahrnehmung) benannte hatte, von Beginn etwas Besonderes.

Dieser Anfang lag vermutlich im Juli 1965, als sich die Kommilitonen Morrison und Manzarek zufällig am kalifornischen Venice Beach treffen und kurzum beschließen, eine Rockband zu gründen. Dazu muss man wissen, dass Morrison zuvor nicht gesungen und auch nie Teenagerträume von einer Schlagerkarriere geträumt hatte. Künstler wollte der Admiralssohn allerdings werden, Dichter, Schriftsteller, Stückeschreiber oder so, und er hatte schon etliche Gedichte verfasst. Nun aber wurden Songs daraus und wie selbstverständlich spielte das bald komplette Quartett fast ausschließlich eigenes Material. Und das schnell so gut und erfolgreich, dass schon 1966 das progressive Elektra-Label anbiss.

Bereits das erste Album bot Klassiker wie „The End" oder den Welthit „Light my Fire". Doch Morrison ist ein intellektueller und künstlerischer Anarchist und zugleich manisch-depressiv. Früh wurde der Adonis zu einer Ikone, die mit Unmengen Stoff und Alkohol stets unberechenbar blieb, zum Leidwesen nicht nur seiner Kollegen. Wohl kein Rockstar verkörperte den Mythos von Sex & Drugs & Rock'n'Roll so plastisch wie er. Die Biographie lässt die düstere Magie, die er auf das Publikum aber auch die Frauen ausübte, verständlich werden. Zugleich rücken die Aussagen von Manzarek, Krieger, Densmore wie auch anderer Zeitzeugen – und hier insbesondere solche von Morrisons großer Liebe Pamela – manche Geschichten von Exzessen und Zusammenbrüchen ins rechte Licht.

So kommt auch massive Kritik am Oliver-Stone-Film von 1991 über die Doors auf: der sei hervorragend gemacht, habe aber den Fehler, dass etwa ein Drittel davon eher fiktiv als dokumentarisch sei. Andererseits dürfte manches auch gestandenen Doors-Fans neu sein, wenn hier aus der Kindheit aller vier Details bekannt werden bis hin zum Asthma Morrisons seit Kindertagen. Aber es gibt auch interessante Einblicke in die Zeit nach seinem frühen Tod am 3. Juli 1971. So dürfte diese spannende Biographie das authentische Bild einer Band zeichnen, die anders als andere war und mit ihrer herausragenden Kreativität großen Einfluss auf die weitere Rockmusik hatte. Wenn dabei Jim Morrison als Genie im Verbund mit drei echten Künstlern eine Sonderrole spielt, so macht dies das Besondere der Doors aus, was ihm die Anderen im Übrigen nie geneidet haben.

Und Fong-Torres zeigt den selbstzerstörerischen Bühnenstar zugleich als romantischen Poeten, der zuletzt nichts mehr mit Rockmusik zu tun haben wollte. Fazit: ein raffiniert aufbereitetes und mit großartigem Fotomaterial veredeltes Stück Musik- und Zeitgeschichte, so faszinierend, dass es nicht nur für Doors-Fans eine Lektüre bietet, die ihren Preis allemal wert ist.

 

# Ben Fong-Torres: The Doors by the Doors (aus dem Amerikanischen von Thorsten Wortmann); 286 Seiten, über 500 Abb., Großformat; Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin; € 49,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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