WALTER MOERS: „DER SCHRECKSENMEISTER"

Erneut hat Nonsensmatador Walter Moers ein Werk des Hildegunst von Mythenmetz übersetzt. Diesmal wird allerdings nicht ein ausufernd schröges Kapitel aus den Reiseerinnerungen des Lindwurms erzählt wie im Geniestreich „Die Stadt der träumenden Bücher", vielmehr hat der Zamonienmeister sich der Novelle „Echo, das Krätzchen" eines gewissen Gofid Letterkerl angenommen.

Der Schrecksenmeister" heißt diese Mythenmetzerei, denn ein solcher steht im Mittelpunkt des trögadienmäßigen Geschehens. Der Herr herrscht über Slewaya, die grämlichste Stadt ganz Zamoniens, indem er für fortwährende Wehwehchen der Bevölkerung vom Hirnhusten über Lebermigräne bis zu Darmschnupfen sorgt. Der üble Kerl mit dem bürgerlichen Namen Succubius Eißpin beschert den Menschen in dieser Stadt, in der fast alles verkehrt herum angeordnet ist, nicht nur unablässig neue Seuchen, er eifert auch nach Frankensteinschen Zielen: Tote wieder zum Leben zu erwecken.

Seine Pläne sind schon weit gediehen, es fehlt nur noch eine Ingrendienz, die für Geld nicht zu beschaffen ist, nämlich das ausgekochte Fett einer Kratze. Als er dann Echo, ein verwaistes und halb verhungertes Krätzchen in die ehemalige geschlossene Anstalt locken kann, in der er haust, macht er ihr ein Angebot, das ebenso verlockend wie makaber ist – 30 Tage lang verwöhnt er sie mit den feinsten kulinarischen Köstlichkeiten. Danach müsste sie sich dann widerspruchslos entleiben lassen, denn nur freiwillig gegebenes Fett gibt den magischen Wirkstoff. Echo, einer Katze nicht unähnlich, aber des Sprechens mächtig, geht in ihrer Not darauf ein, versucht während des folgenden diabolischen Countdowns jedoch pfotenringend nach einem Ausweg.

Ihre einzige wirkliche Hilfe ist die Schreckse Izanuela, die im Übrigen ein Fan von Alternativmedizin ist. Echo verfällt auf die feinsinnige Idee einer radikalen Diät und manch andere Fluchtgedanken, aber der Schrecksenmeister hat perfekte Methoden, die kaum eine Hoffnung offenlassen. Weiteres soll hier jedoch nicht verraten werden, denn natürlich haben Autor und Übersetzer wieder einen ganzen Strauß von Überraschungen und Kapriolen der Fantasie und der Logik ausgebreitet. Allerdings ist die Vermutung, die Erzählung folge weitgehend einem gewissen Gottfried Keller ins Städtchen Seldwyla und dort in die kleine romantische Geschichte „Spiegel, das Kätzchen" verbunden mit einem Plagiatsvorwurf gegenüber Hildegunst von Mythenmetz diesem großen Geist außerordentlich unsympathisch.

Vielleicht war das auch der wahre Grund dafür, dass diesmal die berühmt-berüchtigten Mythenmetzschen Abschweifungen selten sind, was den Roman zudem um hunderte von Seiten auf Normalmaß geschrumpft hat. Andererseits macht die Reduzierung dieses ätzend komischen Würzstoffes und die größere Hinwendung zur Tavrialliteratur das Buch für 'normale' Leser um so leichter genießbar. Hardcore-Mythenmetzianer müssen dann eben noch ein wenig auf die nächste richtige Volldröhnung aus den Tatzen des sentimentalen Dinosauriers warten....

 

# Walter Moers: Der Schrecksenmeister. Ein kulinarisches Märchen aus Zamonien von Gofi Letterkerl. Neu erzählt von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übersetzt und illustriert von Walter Moers; 384 Seiten, ill.; Piper Verlag, München; € 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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