MARIANNE GILBERT: „DAS GAB'S NUR EINMAL"

Die Operette „Im Weißen Rössl" oder „Ein Freund, ein guter Freund", das waren Vorzeige-Hits im Deutschland der 30er Jahre, ihrem genialen Schöpfer Robert Gilbert aber ging es wie so vielen Künstlern und Literaten zur Nazi-Zeit: weil sie Juden waren, mussten sie flüchten und froh sein, wenn sie wenigstens überlebten.

Wenigen nur sagt der Name Gilbert heute noch etwas, der der Künstlername des Robert Winterfeld aus Berlin war, um so spannender wirkt deshalb die Autobiographie seiner Tochter Marianne Gilbert. Unter dem Titel eines seiner großen Erfolge „Das gab's nur einmal" schreibt die 1931 noch in der deutschen Heimat geborene Professorin die bewegte Geschichte ihrer Kindheit und Jugend und damit auch einen wesentlich Teil der Biographie ihres Vaters.

Der Schreiber so vieler mal leichter, mal hintergründiger Ohrwürmer war ein Charmeur, der unter anderem Namen jedoch auch für die kommunistische Sache schrieb. Die Autorin bewunderte ihren Vater, hatte zugleich aber auch Verständnis für die Kümmernisse der protestantischen Mutter, die die Schwächen des Künstlers sehr wohl kannte. Als sie dann vor den Nazis fliehen müssen, gehören sie zu den Glücklichen, die in New York Verwandte haben und deshalb überhaupt ins Land gelassen werden.

Für das Mädchen werden die USA zur Heimat, während der Vater bis nach Kriegsende den Durchbruch nicht schafft. Er schreibt nun auch auf Englisch und es gelingt ihm manches Glanzstück, doch es ist nicht seine Sprache und das merken die Amerikaner, so dass seine Werke nie eine Chance bekommen. Mutter Gilbert hält die Familie über Wasser, der Vater aber geht weiter seinen Neigungen nach, künstlerisch und offenbar auch anderweitig.

Es überwiegt nun die Schilderung der Jugend der Autorin und das ist wahrlich kein Manko für das Buch, denn gerade ihre eingehende und sehr persönliche Art des Er zählens tut gut, eröffnet sie doch ein fesselndes Zeit- und Lokalkolorit. So offen sie einerseits mit ihren eigenen ersten Liebeserfahrungen umgeht, so deutlich macht sie andererseits den Zwiespalt, in dem sie als „Mischling", noch mehr aber ihre Eltern leben. Sie selbst zählt als Halbjüdin sowohl zum Opfer- wie zum Tätervolk und die Eltern erscheinen vielen Amerikanern nach Kriegsausbruch nicht als bedauernswerte Flüchtlinge sondern als feindliche Ausländer.

Die Autobiographie reicht bis zum 18. Lebensjahr Marianne Gilberts und zugleich bis zum Beginn eines neuen Lebens für sie und ihre Eltern: diese kehren nach Europa zurück, wo Robert Gilbert tatsächlich erneut Erfolg hat, unter anderem mit Übersetzungen solcher Musicals wie „My Fair Lady", die Tochter jedoch bleibt in der neuen Heimat, bleibt Amerikanerin. Fazit: eine bewegende Lebensgeschichte aus einer schwierigen Zeit, die nicht viele so relativ gut überstanden.

 

# Marianne Gilbert: Das gab's nur einmal. Verloren zwischen Berlin und New York (aus dem Amerikanischen von Renate Orth-Guttmann); 304 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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