SABINE REWALD: „BALTHUS. AUFGEHOBENE ZEIT"

Der Maler Balthus wurde 1908 als Balthazar Klossowski de Rola als Sohn deutsch-jüdischer Eltern in Paris geboren. Nach Stationen in Berlin und der Schweiz hatte er 1934 in Paris seine erste Ausstellung, die sogleich skandalträchtig einschlug, denn der als eine Art zorniger junger Mann auftretende Künstler provozierte mit seiner sinnlich-poetischen Mischung aus Märchen, kindlicher Unschuld und Erotik die Gemüter. Zugleich entzog sich der stets eigenwillige Maler den aktuellen Moden der abstrakten und surrealistischen Malerei und gab sich beharrlich und mit allmählichem Erfolg mit seinen figürlichen Motiven seinem Ziel eines so von ihm bezeichneten zeitlosen Realismus hin.

Als Grenzgänger und Außenseiter war er gewiss einer der Großen seiner Zunft. Um so erstaunlicher mutet es an, dass dieser Meister mit den starken deutschen Wurzeln, der in jungen Jahren unter anderem von Rainer Maria Rilke, dem zeitweiligen Liebhaber seiner Mutter Balladine Klossowska, gefördert wurde, erst jetzt erstmals eine Ausstellung in Deutschland bekommt.

Am 18. August eröffnete das Museum Ludwig in Köln die Werkschau „Aufgehobene Zeit", die bis zum 4. November 25 Gemälde und 50 Zeichnungen aus seiner wichtigsten Schaffenszeit von 1932 bis 1960 zeigt, darunter seine berühmtesten Werke wie „Le Rue", „Die Gitarrenstunde" oder „Das Fenster", aber auch Illustrationen zu Emily Brontes „Wuthering Heights" sowie Kostümentwürfe fürs Theater. Zur Ausstellung liegt nun der opulent ausgestattete Katalog unter dem Ausstellungstitel „Balthus – Aufgehobene Zeit" vor, zu dem Sabine Rewald als Gastkuratorin der Ausstellung den Text verfasst hat.

Balthus (1908-2001) blieb danach lange ein Geheimtipp, zugleich aber stets der Wirklichkeit in seinem Schaffen treu und galt als „der letzte Verführer in der Kunst". Die Balthus-Expertin stellt den Künstler jedoch nicht nur als solchen vor, sondern verbindet eine romanhaft interessante Biographie damit. Ebenso feinsinnig wie psychologisch erhellend erläutert sie die Faszination, die die Doppeldeutigkeit und die dunklen Seiten des Heranwachsens junger Mädchen in Unschuld und erotischem Erwachen stets auf den Maler ausgeübt hat. Eine Fülle weiterer Abbildungen und Fotos eröffnet ein fesselndes Bild über einen völlig zu Unrecht hier bisher kaum bekannten großen Maler, von dem bisher kein Werk ein deutsches Museum zierte.

Zur Einführung in seine Vita empfiehlt sich zudem Rose-Maria Gropps Buch „Balthus in Paris", das sich seiner allerersten Ausstellung im Jahre 1934 widmet, die gleich für viel Aufsehen und noch mehr Aufruhr sorgte, denn Gemälde wie „Die Gitarrenstunde" oder „Das Fenster" mussten mit ihren ebenso offenen wie rätselhaften erotischen Darstellungen einfach provozieren.

So eigenwillig sich Balthus übrigens als Künstler auch gab, so intensiv verbarg er sein bewegtes Privatleben, bis er im Alter dem japanischen Fotografen Kishin Shinoyama einen überrraschend offenen Einblick in seinnen Alterssitz, dem Grand Chalet in der Schweiz, gewährte. Hierzu liegt nun der Band „Balthus – Das Haus des Malers" mit einem Essay von Gero von Boehm über den Künstler vor.

 

# Sabine Rewald/Virginie Monnier: Balthus – Aufgehobene Zeit. Gemälde und Zeichnungen 1932-1960; 160 Seiten, 155 Abb., Großformat; Schirmer/Mosel Verlag, München;

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# Rose-Maria Gropp: Balthus in Paris; 128 Seiten, 16 Abb.; Schirmer/Mosel Verlag, München; € 19,80

# Kishin Shinoyama/Gero von Boehm: Das Haus des Malers; 104 Seiten, div. Abb.; Schirmer/Mosel Verlag, München; € 14,80

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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