DANIEL SILVA: „DER SCHLÄFER"

Daniel Silva übertrifft sich selbst mit seinem mittlerweile fünften Fall der Gabriel-Allon-Serie unter dem Titel „Der Schläfer". Zum im makabren Sinne des Wortes bombastischen Auftakt dieses Polit-Thrillers spielt der israelische James Bond allerdings noch gar keine Rolle, denn er ist nach privaten Schicksalsschlägen und den Strapazen der letzten Aufträge erneut untergetaucht als hochkarätiger Bilderrestaurator.

Alles beginnt diesmal mit einem infernalischen Anschlag eines Selbstmordattentäters auf die israelische Botschaft in Rom. Bei den anschließenden Ermittlungen stößt der Mossad auf eine Computerspur und ist alarmiert, denn sie zeigt auch aktuelle Fotos des in Venedig weilenden Allon. Dessen Ex-Chef Schamron weiß, dass somit unmittelbare Gefahr für seinen besten Mann droht und er aktiviert ihn gegen dessen Willen im ausdrücklichen Auftrag des Ministerpräsidenten. Schon bald findet ein Team um Allon erste Spuren eines Drathziehers, der offenbar bereits vor Jahren die fatalen Anschläge auf isrealische Einrichtungen in Buenos Aires und Istanbul ausgeheckt hat.

Der gewiefte Agent aber entwickelt außerdem ein komplexes Feindbild, das selbst dem Geheimdienst nicht realistisch erscheint: seine Zielperson ist der geheimnisumwitterte Chaled al-Chalifa - „das Schwert Palästinas" und Yassir Arafats Ziehsohn! Dieser Enkel und Sohn fanatischer palästinensischer Märtyrer im Kampf gegen die Juden, der sich seit langem erfolgreich als ebenso eleganter wie angesehener französischer Archäologe tarnt, plant noch weit Größeres und Allon ahnt es, als er seinen Häschern in die Falle geht.

Doch er ist weder als Tölpel hineingestolpert noch gedenkt er, als Opferlamm zu sterben. Der perfide Schachzug Chaleds soll den nächsten Anschlag mit Allons Hinrichtung verbinden und dessen nach einem früheren Anschlag schwer behinderte Frau ist die Geisel für den nötigen Druck. Tatsächlich kommt es zu einem Inferno, das jedoch durch Allons Cleverness auf ein für Chaled enttauschendes Maß reduziert wird. Und die Jagd geht weiter, denn der Agent überlebt.

Mehr aber soll hier nicht verraten werden, denn noch mehr als je zuvor fesselt der US-Autor mit exzellenter Dramaturgie samt glaubhaften Wendungen und Überraschungen vor weitgehend realem Hintergrund. Sein Agent Allon gewinnt weiter an Charaktertiefe, zumal diesmal auf angenehm nüchterne Weise auch die politischen Dimensionen und die Geschichte des offenbar unüberwindlichen Hasses im Nahen Osten einfließen. Fazit: ein rasanter, absolut filmreifer und zugleich seriöser Roman für anspruchsvolle Thriller-Freunde.

 

# Daniel Silva: Der Schläfer (aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner); 403 Seiten; Piper Verlag, München; 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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