TINA BROWN: „DIANA - DIE BIOGRAPHIE"

Prinzessin Diana – Königin der Herzen oder ein hintertriebenes Luder? Eine große Biographie kurz vom zehnten Todestag rückt das diffuse Bild, das von der Regenbogenpresse wie auch von eigensüchtigen Sensationsenthüllern geprägt wurde, auf die einzig akzeptable Weise zurecht – durch intensive professionelle Recherche.

Die britisch-amerikanische Starjournalistin Tina Brown hat für „Diana. Die Biographie" rund 250 Freunde, Wegbegleiter und Gegner der Prinzessin interviewt und unter immensem Rechercheaufwand Fakten und Details untersucht. Das ikonenartige Bild des schönen, unschuldig malträtierten Opfers der eiskalten Royals erhält dabei überraschend viele Risse und die Autorin, die Diana persönlich kannte und etliche Gespräche auch über Privates mit ihr führte, geht dabei ausgesprochen nüchtern mit den Fehlern, Macken und Verhaltensweisen um.

Als ungebildete Kindergärtnerin habe sie einerseits zeitlebens an Minderwertigkeitskomplexen gelietten, andererseits aber mit deutlich mehr Berechnung als tiefen Gefühlen von Beginn an die Ehe mit Prinz Charles angegangen und als hervorragende Chance für eine Superstarrolle gesehen. Das „Dummchen" wollte der Welt beweisen, dass es auch anders konnte, musste jedoch schon früh erkennen, welch untergeordnete Rolle ihr der Gemahl zugedacht hatte. „Wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank" habe sie sich bei der Hochzeit im Juli 1981 gefühlt und tatsächlich lief statt junger Liebe eine „Ehe zu dritt", denn Camilla spielte bereits ihre Rolle.

Doch Diana schlug in ihrer Opferrolle mit ungeahnter Hintertriebenheit zurück und die Autorin enthüllt erstaunliche Fähigkeiten der jungen Frau, die zwar einen zwanghaften Hang zur Übertreibung hegte, aber auch eine raffinierte Mischung aus Manipulation und gutem Timing beherrschte. So stahl sie Camillas Liebesbriefe an Charles, um die Affäre für das Enthüllungsbuch von 1992 beweisen zu können. Und in dem immer heftigeren Rosenkrieg war Diana höchst persönlich es, die pikante Details aus dem zuweilen gar nicht so noblen Leben der Royals an die Medien lancierte, um sich dann gegenüber dem hilflosen Prinzen und der kaltherzigen Queen als die Ahnungslose zu geben.

Stets drängte sie massiv in die Medien und nach der Trennung von Charles trieb ihre professionelle Selbstvermarktung das Königshaus regelrecht zur Weißglut, zumal ihre wechselnden Affären weiteren Zündstoff lieferten. Der absolute Coup der Rache gelang ihr im Herbst 1995 mit einem bis zuletzt geheimgehaltenen BBC-Interview über das Königshaus und ihre Zweifel an den royalen Befähigungen des Prince of Wales.

Doch die erfahrene Biographin würdigt bei all der Entzauberung auch die Vorzüge der Prinzessin, deren humanitäre Einsätze für Aidskranke und Minenopfer sie ebenso als aufrichtig lobt wie sie bei ihr ein Maß an menschlicher Wärme kennengelernt hat, das in höchsten britischen Adelskreisen offenbar unerwünscht war. Das Alles liest sich wahrlich spannend und absolut filmreif und ist dennoch frei von Sensationshascherei. Genau das macht die Qualität dieser gründlichen Biographie aus, die weder die Vorzüge der Verstorbenen verschweigt noch verhehlt, inwieweit die naiv charmante Prinzessin aus uraltem Adelsgeschlecht ihr Unglück zum erheblichen Teil selbst mitverschuldete.

 

# Tina Brown: Diana - Die Biographie (aus dem Englischen von Sylvia Höfer, Barbara Heller, Andrea von Struve und Rudolf Hermstein); 784 Seiten, div. Abb.; Droemer Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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