DIETER HILDEBRANDT: „NIE WIEDER ACHTZIG!"

Na ja, das ist der Schöpfung Schönstes nicht", denkt er sich vorm Spiegel. Aber warum auch, schließlich feiert dieser Dieter Hildebrandt am 23. Mai seinen 80. Geburtstag und das so hellwach und querdenkerisch wie andere schon mit 40 nicht mehr sind. Und wenn Deutschlands König der Kabarettisten und Satiriker seine dazu erscheinde Geschichtensammlung „Nie wieder achtzig!" nennt, hat das mit Wehleidigkeit nichts zu tun.

Mit Rückschau allerdings schon, denn keiner hat in gut 60 Jahren Nachkriegszeit den Deutschen auf solch geistreich geharnischte Weise klar gemacht, welch lustiges Volk sie eigentlich sind. Dazu stellt der Satiriker mit seinem typischen verhaltenen Grinsen fest: „Zwischen dem, was wir sagen, und dem, was wir tun, wächst der Gestaltungsspielraum."

In diesen neuen Abhandlungen blitzen sie immer wieder auf, die Erinnerungen an große Zeiten des Kabaretts, als es bitter nötig war als intellektuelle Bastion und moralische Instanz gegen allerlei Auswüchse auf dem Weg von der Republikgründung bis zu einer gewissen Normalisierung der Demokratie. Müncher Lach- und Schießgesellschaft, sein hintersinniges Staunen über Spezialdemokraten wie Strauß oder Wehner. Oder Helmut Kohl, der dem zuweilen Fassungslosen immer wieder endlose Steilvorlagen liefert, wie jene Verliebtheit in die deutschen Klassiker, die „Birne" für sich gepachtet hatte.

Die katholische Kirche hat der gebürtige Niederschlesier mit der unbotmäßigen Schnellsprechanlage spürbar gern, bietet sie doch unendlich viele Juckepunkte wider den tierischen Ernst. Oder gegen die Vernunft. Oder beides. Angela Merkel? Er ist nicht gegen sie, aber irgendwie auch nicht so richtig für die „Dame mit dem uckermärkischen Furchengang". Da kommt „Wanzenminister" Schäuble schon schlechter weg und überhaupt weiß der immer noch durch ausgebuchte Säle tourende fröhliche Moralist nicht so recht, ob er die allgegenwärtige Realsatire noch so recht goutieren mag.

Da könnte man fast meinen, Hildebrandt würde auf seine alten Tage noch konservativ, in Wirklichkeit trauert er jedoch nur verlorenen Qualitäten und Tugenden nach. Aber auf welch immer noch hinreißendem Niveau! Und die Karikaturen von Dieter Hanitzsch passen genau dazu.

 

# Dieter Hildebrandt: Nie wieder achtzig!; 240 Seiten, ill.; Karl Blessing Verlag, München;

€ 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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