HERA LIND: „FÜRSTENROMAN"

Kleinbürgerfantasien, Adelsgesumse, haufenweise Klischees, dazu ein dickes Stück Hefe, eine kräftige Prise Pfeffer und das Ganze gut geschüttelt, dann wird ein Fürstenroman daraus. Und schlicht „Fürstenroman" hat auch Erfolgsautorin Hera Lind ihr neues Buch genannt. Wer nun befürchtet, das sei ein triefend herziger Schundroman, den sollte bereits der Eröffnungssatz neugierig machen: „Nebenan pinkelt eine Prinzessin."

Besagte Durchlaucht ist Charlotte von Hohensinn vom gleichnamigen Adelsgeschlecht im Salzkammergut. Die sportliche Magersüchtige lädt große Schuld auf sich, als sie durch einen schnöden Trick dafür sorgt, dass die große Fürstenhochzeit zwischen ihrer schönen Cello-spielenden Schwester Anne-Sophie und dem ungarischen Baron von Tatzmannsdorf – übrigens begnadeter Pianist – platzt, weil die Braut am Hochzeitsmorgen schwer verletzt am nahen Schwarzenberg gefunden und der Bräutigam ebendort gänzlich vermisst wird.

Charlottes Gatte Eberhard erweist sich als noch intriganter als sie, Fürstensohn Sascha ist heimlich unheimlich auf schöne Männer fixiert, während der Erbprinz sich als Ekel gegenüber Frau und Kindern präsentiert, wo sich doch das greisende Fürstenpaar nichts mehr als den reibungslosen Dynastieübergang herbeisehnt. Die Verflechtungen jedes mit jedem einschließlich einiger unadeliger Mitspieler erinnern zuweilen ans Komödienstadl samt dessen köstlicher Grobheiten und Pseudomoral. Hera Lind wirbelt die Klischees mit spürbarer Wonne zu einer zwerchfellerschütternden Jonglage durcheinander und manches an der versponnenen Geschichte kommt so herzergreifend doof daher, dass es einen immer wieder ins laute Lachen schießt.

Dramatik, überbordende Gefühle, schöne Menschen und heimtückische Winkelzüge, bis das Schicksal waltet – das Alles wirkt, als hätte es Hedwig Courths-Mahler verfasst, während sie gerade eine herzhaft bunt-satirische Anwandlung gehabt hätte. Fazit: Hera Lind hat das Werk selbst einen Schundroman genannt, der aber ist ganz schön intelligent komponiert, absolut filmreif und auf jeden fall eine höchst vergnügliche Unterhaltungslektüre. Sofern man nicht selbst von Adel ist und beleidigt zu sein hat ob all diesem Schmäh...

 

  # Hera Lind: Fürstenroman; 284 Seiten; Ullstein Verlag, Berlin; € 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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