DEBORAH SCROGGINS: „DIE WEIßE KRIEGERIN"

Emma McCune, Tochter aus ursprünglich reicher, dann jedoch zerbrochener britischer Familie, war glamourös und zugleich idealistisch, dabei aber ebenso couragiert wie gefährlich naiv. Als sie mit 24 Jahren für die kanadische Hilfsorganisation 'Street Kinds International' in den vom Bürgerkrieg zerrissenen Sudan ging, machte sie sich zunächst einen Namen durch ihre humanitären Einsätze, um dann durch ihren exaltierten Lebenswandel alles zu zerstören.

Die weiße Kriegerin" ist der Tatsachenbericht betitelt, den die Journalistin Deborah Scroggins nach intensiven Recherchen über das Leben der schönen Emma verfasst hat. Einen großartigen Ruf erwarb sich die junge Frau durch ihr zähes Engagement bei dem UNESCO-Projekt, bei dem es ihr in wenigen Jahren gelang, 110 Schulen zu gründen und vieles mehr. Doch sie war auch eine Art fragwürdiger Star der internationalen Helferszene, der extravagant auftrat und statt des üblichen Khaki auch schon mal im roten Minirock herumspazierte.

Der eigentliche Sündenfall jedoch nahm 1991 seinen fatalen Lauf, als Emma dem charismatischen Warlord Riek Machar begegnet. Angeblich ist es Liebe auf den ersten Blick und sie gibt dem Impuls nicht nur unbekümmert nach, sondern heiratet den Rebellenführer sogar trotz aller Vorbehalte nicht nur in den Kreisen seiner Leute. Und ihre Instinktlosigkeit geht noch weiter, als sie das Büro von 'Street Kids International' nach Nasir in Rieks Hauptquartier verlegt: die humanitäre Helferin logiert mitten zwischen den Rebellensoldaten und während die Stadt von Hungernden belagert wird, läuft sie fesch gekleidet und sichtbar glücklich umher.

Es eröffnete sich nicht nur die Frage, ob sie auf Seiten der Flüchtlinge stand oder der Rieks, dessen Leute bei der Verteilung von westlichen Hilfsgütern weitaus weniger humanitär agierten als die westlichen Helfer. Schließlich zerbrach sogar die Allianz zwischen Riek Machars Nuer-Rebellen und den Dinka-Soldaten John Garangs. Das nun einsetzende barbarische Massaker dieser Rebellentruppen untereinander erhielt bald den unverdienten aber durchaus nicht unverständlichen Beinamen „Emma's War". Mysteriös erscheint dann auch ihr Tod bei einem Verkehrsunfall im November 1993, den Einheimische jedoch für einen alltäglichen Vorfall halten. Zumal Emma aus Sicht vieler Afrikaner ohnehin „bloß eine Abenteurerin" war.

Die Autorin beschreibt in dem fesselnden Bericht aber nicht nur, wie Idealismus das monströse Gegenteil bewirken kann, wenn er in selbstverliebter Naivität alle gebotenen oder natürlichen Schranken zwischen Helfern und Hilfeempfängern überschreitet. Das Buch lässt mit seinem intensiven Einblick in den seit Jahrzehnten tobenden Bürgerkrieg ahnen, welch unsägliches Leid dort Millionen von Menschen tagtäglich bedroht oder heimsucht. Um so lobenswerter mag es sein, dass diese wahre Geschichte mittlerweile mit Nicole Kidman als Emma verfilmt worden ist und bald Premiere haben dürfte.

 

# Deborah Scroggins: Die weiße Kriegerin. Ein Schicksal in Afrika (aus dem Englischen von Katja Klier); 439 Seiten, div. Abb.; Aufbau-Verlag, Berlin; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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