SAM BOURNE: "DIE GERECHTEN"

Kabbala-Symbolik und eine tödliche Verschwörung zum Ende der Welt, das steht im Mittelpunkt von Sam Bournes Debütroman "Die Gerechten". Der hochklassige Thriller beginnt allerdings wie ein schlichter Krimi, wenn der junge Journalist Will Monroe über den Mord an einem New Yorker Zuhälter schreibt und diese Geschichte es auf die Titelseite der "New York Times" schafft.

Es scheint Anfängerglück zu sein, dass Monroe eine Besonderheit bei dem Toten aufgedeckt hat, nämlich eine ungewöhnliche gute Tat. Alsbald nach Seattle versetzt, stößt er auf einen parallelen Fall: der anarchistische Milizionär Baxter wurde wie der Zuhälter auf 'schonende' Weise umgebracht und auch bei ihm entdeckt Monroe eine anonym gebliebene Tat von großer Menschengüte. Wie eine Zeugin es nennt, war Baxter ein "Gerechter". Ohne sichtbaren Zusammenahng werden weltweit weitere solcher quasi anonymen Wohltäter getötet.

Monroe ahnt nichts von dem Konzept, das dahinter steckt, stattdessen wird es für ihn eine höchst persönliche Angelegenheit, denn mitten in den Recherchen erhält er per SMS die Mitteilung, man habe seine Ehefrau Beth entführt. Sein Vater, ein angesehener Richter, weiß kaum Rat, während die Kidnapper seltsame Meldungen schicken und vorm Einschalten der Polizei warnen ohne jedoch sonstige Forderungen zu stellen. Die SMS-Bot-schaften werden immer kryptischer mit einem hebräischen Ansatz. In seiner Not weiß Monroe nur eine Hilfe, seine Ex-Freundin TC, eine hochintelligente Jüdin.

Tatsächlich gelingt es ihr, manche der Rätselsätze und Drohungen zu entschlüsseln und das führt die Beiden zu uralten Überlieferungen des orthodoxen Judentums und zu düsteren Prophezeiungen. Und zu einem alten Manuskript mit dem Schlüsselbild der Kabbala, der altjüdischen Mystik. Zugleich stoßen sie auf die Legende der "Lamedvar", jener 36 Gerechten, deren außergewöhnliche Tugend angeblich die Welt aufrechterhält. Warum aber werden ausgerechnet solche Gutmenschen getötet und was hat die New Yorker Gemeinde der orthodoxen Chassiden mit diesem religiös aufgeheizten Geflecht krimineller Energien zu tun?

Bis zum atemberaubenden Finale mit einem ebenso scharfsinnigen wie irren Apostel ist das so dicht und unentrinnbar geschrieben, dass man diesen klugen Thriller nicht mehr aus der Hand legt. Zum anspruchsvollen Lesevergnügen tragen außerdem die stimmig gezeichneten Charaktere und die exzellent recherchierten Hintergründe bei, die manch überraschende Aspekte der jüdischen Mystik beleuchten. Fazit: dem britischen Journalisten ist es auf Anhieb gelungen, Qualitäten à la Frederik Forsyth und Dan Brown in einem Roman zu vereinen.

 

# Sam Bourne: Die Gerechten (aus dem Englischen von Rainer Schmidt); 446 Seiten; Scherz Verlag, Frankfurt; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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