JOSEPH von WESTPHALEN: "DIE MEMOIREN MEINER FRAU"

Der große Zeitgeistlästerer Joseph von Westphalen hat wieder zugeschlagen, diesmal mit einem Roman, der mit politisch durch und durch unkorrekten Männerfantasien selbst postfeministische Damen mindestens zu einem bösen Stirnrunzeln reizen wird. "Die Memoiren meiner Frau" heißt die spitzfindige Gesellschaftssatire und dabei spielt diese Elisa, eine sehr beliebte Fernsehschauspielerin, eher eine Nebenrolle.

Richter Jan Vanderleyden steht im Mittelpunkt, in zehn Ehejahren mit der sieben Jahre älteren Elisa nie untreu gewesen und als überkorrekter Vertreter seines Standes mit 42 Jahren die Langeweile in Person. Bis die Braut eines inhaftierten polnischen Autodiebes wie eine Naturkatastrophe in sein Leben tritt. Die kultivierte Schöne verführt ihn fast im Sinne des Wortes im Handumdrehen und bringt ihn gründlich ab vom Pfad der ereignislosen Tugendhaftigkeit.

Zofia eröffnet ihm mit einer raffinierten Art energischen Masochismus und höchst fantasievollen Liebesspielen selbst an gänzlich unerlaubten Orten ungeahnte Horizonte. Allmählich erfährt er, dass sie nicht nur Restauratorin sondern auch als einfallsreiche Repräsentantin für erotische Wäsche erfolgreich ist. Die muntere Elisa vernachlässigt Jan sowieso und interessiert sich viel mehr für den Alt-68er Bruno, den Ghostwriter für ihre Memoiren. Zofia dagegen überbrückt die Wochen ohne heiße körperliche Begegnungen mit einer ausufernd sündigen E-Mail-Korrespondenz.

"Jan der Gerechte" wird zum Lustmolch und ahnt nicht, wie viele Überraschungen ihm noch bevorstehen. Die seien hier auch nicht verraten, denn dieses hinreißende, wenngleich teils recht unanständige Vergnügen sollte man niemandem durch zu viel Ausgeplaudertes verderben. Intelligent, elegant, boshaft und mit herrlich trocken-analytischer Feinarbeit lotet von Westphalen nicht nur die virtuos gestrickten erotischen Szenen aus, er besticht auch durch die realsatirischen männlichen Gedankenspielereien, die so gar nicht zu den modernen Geschlechterverhältnissen unserer Zeit zu passen scheinen und doch so authentisch wirken. Vielleicht wäre es verfehlt, den Autor einen Frauenversteher zu nennen – ein Männerversteher ist er ganz gewiss.

 

# Joseph von Westphalen: Die Memoiren meiner Frau; 318 Seiten; btb, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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