GÜNTER RÖSSLER: "MEIN LEBEN IN VIELEN AKTEN"

"Rössler, das ist doch der mit den Schwarzweißakten" - als solcher war der Fotograf in der DDR ein bekannter Künstler. Im Januar 2006 wurde er 80 und dazu erschien der autobiografische Textbildband "Mein Leben in vielen Akten". Unprätentiös wie seine Fotos erzählt Günter Rössler seinen Lebenslauf, der manch Überraschendes offenbart, zumal er auch ein interessantes Stück Zeitgeschichte des Kulturlebens im realsozialistischen Teil Deutschlands umfasst.

Mit Glück überlebte Rössler den Krieg und arbeitete schon kurz nach seinem Studium an der Akademie für Grafik und Buchkunst als freischaffender Mode- und Reportagekünstler. Das erste Aktmodell war noch in den 50er Jahren seine Ehefrau Ruth, die erste Aktausstellung einige Jahre später aber wurde über Nacht verboten, ohne jede Begründung. Gleichwohl machte er Karriere, vor allem mit Arbeiten für das legendäre DDR-Modemagazin "Sibylle" und später auch für "Mode-Maschen" und andere.

Rösslers wahre Kunst jedoch waren die Akte, die er bis heute Schwarzweiß mit der konventionellen Spiegelreflexkamera ablichtet. Die Magie seiner Bilder liegt dabei in dem typischen "Augen-Blick" mit den Frauen, der ihm mindestens so wichtig ist wie die größtmögliche Natürlichkeit. Keine Tricks, keine glitzernden Zutaten, keine spektakulären Aufnahmeorte, stattdessen "das Einfache, das so schwer zu machen ist." Die Frauen sollen selbstbewusst sein, ganz sie selbst, weshalb er beim Akt keine Models nimmt wegen ihrer unerwünschten Professionalität. So erklärt sich die spezielle Faszination seiner Fotos, die erotisch sind ohne voyeuristisch oder gar pornografisch zu wirken.

Als 1984 der westdeutsche "Playboy" seine "Mädchen aus der DDR" im Magazin zeigt, ist Rössler zwar stolz, lehnt jedoch die Bezeichnung als Helmut Newton des Ostens ab, denn dieser Provokateur hat völlig gegensätzliche Auffassungen vom Akt. Das erfährt man auch, wenn Rössler über seine persönliche und technische Arbeitsweise erzählt, in der manche echte Aktklassiker der Fotografie entstanden sind, die den noch immer schöpferisch tätigen Fotokünstler zu einem Synonym für die Aktfotografie haben werden lassen. Fazit: eine interessante Lebensbeschreibung, verbunden mit einem exzellenten Augenschmaus.

 

# Günter Rössler: Mein Leben in vielen Akten; 256 Seiten, 287 Duoton-Fotografien; Das Neue Berlin, Berlin; 24,90 Euro

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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