JUNG CHANG/JON HALLIDAY: "MAO"

Auf seine Weise war Mao Zedong der erfolgreichste Diktator aller Zeiten: Hitler und Stalin zusammen brachten es nicht auf diese gigantischen 70 Millionen Menschen, die unter seiner Schreckensherrschaft ermordet wurden oder wissentlich und willentlich in den Tod getrieben wurden. Dennoch ist Mao (1893-1976) noch heute in weiten Kreisen ein Mythos und in China auch 29 Jahre nach seinem Tod noch immer das große Idol.

Um so verdienstvoller ist die fulminante Biographie "Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes", die dem Volkshelden die Maske des glühenden Idealisten und Volkshelden vom grausamen Antlitz reißt und entlarvt, dass sich dahinter die nackte Machtgier verbarg. Die 1952 geborene Autorin Jung Chang war einst selbst Mao-Verehrerin und stellte ihr Idol selbst erst spät in Frage, obwohl auch ihre Familie unter seinen Hasskampagnen leiden mussten. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem britischen Historiker Jon Halliday, hat die Autorin des Welterfolges "Weiße Schwäne" zwölf Jahre lang international recherchiert und genug Material gefunden, um mit dem Mythos Mao gründlich aufzuräumen.

Schon der historische Lange Marsch der Kommunisten in der 30er Jahren unter der Führung des Bauernsohnes Mao wurde in weiten Teilen zur Legende nur umgedeutet. Schon hier erwies sich der ebenso grausame wie intrigante Führer als radikaler Egomane, zu dessen kommunistischen Heilsverkündungen so gar nicht passen will, dass er selbst die Werke von Marx und Engels nie gelesen hat. Neben der da schon praktizierten menschenverachtenden Gnadenlosigkeit beginnt bereits in den Jahren auf dem Weg zur Gründung der Volksrepublik und Maos 27-jähriger Regentschaft der Personenkult um den "Großen Vorsitzenden", der Wasser predigte und Millionen gleichgültig verhungern ließ, während er selbst Luxus und vor allem junge Frauen genoss.

Nicht Visionen von klassenloser Gesellschaft, vom Arbeiter- und Bauernparadies trieben Mao sondern ein eiskalter Machtwille, der ihn zum Monster werden ließ. Wenn es ein Ideal für ihn gab, dem er bedenkenlos und teils sogar genüsslich Millionen von Menschen zu opfern gedachte, dann das der Weltmacht China. So erklärte er 1957 in Moskau seine Bereitschaft, 300 Millionen Chinesen (die Hälfte der Bevölkerung!) für die Weltrevolution zu opfern. 70 Millionen wurden es auch so - und das in Friedenszeiten! - und dennoch erreichte er kaum eines seiner großen Ziele. Zum 25-jährigen Jubiläum seiner Herrschaft lautete die düstere Bilanz, dass das Volk in bitterer Armut und tieferem Elend als je zuvor lebte. Im Siechtum seiner letzten Jahre verfiel der blutrünstige Despot in unendliches Selbstmitleid und ohnmächtige Unzufriedenheit, denn von der Weltmacht war seine Volksrepublik 1976 trotz des barbarischen Vorgehens noch immer weit entfernt.

Die Autoren schildern dieses Leben eines gewissenlosen Menschenverächters packend wie einen düsteren Roman, das jedoch auf gesicherten Fakten. Nach dieser Biographie sollte es jedem Menschen, der sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt, schwer fallen, Mao weiterhin als verehrungswürdigen Volksführer zu preisen. Er gehört ganz offensichtlich in die Reihe der Hitlers und Stalins, dort allerdings darf er zu Recht der Größte genannt werden. Fazit: ein ungemein wichtiges und zugleich faszinierendes Buch.

 

# Jung Chang, Jon Halliday: Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes (aus dem Englischen von Ursel Schäfer, Heike Schlatterer, Werner Roller); 976 Seiten, div. Abb.; Karl Blessing Verlag, München; € 34

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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