TESS GERRITSEN: "SCHWESTERNMORD"

Menschen können gnadenlos böse sein, doch vererben sich die verantwortlichen Gene auch? Die amerikanische Erfolgsautorin Tess Gerritsen lässt die Frage solch problematischer Mutter-Kind-Beziehungen in ihren jüngsten Roman "Schwesternmord" einfließen und erneut verpackt die studierte Ärztin die psychologischen Deformationen ihrer Protagonisten in einen Hochspannungsthriller um die spröde Bostoner Kriminalbeamtin Jane Rizzoli und die attraktive Gerichtsmedizinerin Dr. Maura Isles.

Als diese von einer Paris-Reise zurückkehrt, erwartet sie daheim ein großes Polizeiaufgebot und sie wird wie ein Geist angestarrt. Eine Leiche wurde in einem Auto vor ihrem Haus gefunden und nun ist auch Maura schockiert: die Ermordete gleicht ihr bis aufs Haar. Tatsächlich stellt sich heraus, dass es sich um ihre Zwillingsschwester Anna handelt, von deren Existenz die als Baby adoptierte Maura nichts wusste. Doch warum wurde Anna ermordet und warum an dieser Stelle?

Maura ermittelt auch auf eigene Faust und stößt dabei tief in eine Vergangenheit vor, von der sie besser nie erfahren hätte. Sie gerät auf den Weg zu ihrer leiblichen Mutter, die in einer psychiatrischen Haftanstalt sitzt und sich als monströses Weib erweist, wie man es niemandem auch nur in der entfernten Verwandtschaft wünschen würde. Zur selben Zeit ermittelt ausgerechnet die hochschwangere Jane Rizzoli wegen eines Serienmörders, der seinen Wahnsinn an Schwangeren auslässt.

Heftig sind die verschiedenen Handlungsstränge schon bevor sie sich allmählich miteinander verknüpfen, denn die Autorin schätzt die Detailgenauigkeit bei allerlei Obduktionsberichten ebenso wie raffinierte schockierende Wendungen. Ohnehin sind ihre Täter deformierte Charaktere, grausam, gefühlskalt und mitleidlos. Schließlich eröffnen sich erschreckende Perspektiven für Maura, denn der unheimliche Serienkiller hatte eine ebensolche Komplizin und es schaudert bei dem Gedanken, in den Adern das Blut einer irren Mörderin zu haben....

Nein, diesen intelligenten, atemberaubenden Thriller sollte man wirklich nicht zur Bettlektüre wählen und Zartbesaitete schon gar nicht. Wer jedoch Hochspannung mit Tätern schätzt, für die Moral und Skrupel Fremdworte sind und die zu abartig sind, um in einem normalen Knast einer aussichtslosen Besserung entgegen zu darben, der findet hier ein Meisterwerk seines Genres.

 

# Tess Gerritsen: Schwesternmord (aus dem Amerikanischen von Andreas Jäger); 416 Seiten; Limes Verlag, München; € 21,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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