FRANZOBEL: "DAS FEST DER STEINE"

Franzobel alias Stefan Griebl ist zurück und sein neuer Roman "Das Fest der Steine" kommt so gewaltig wie die als Nazinudelsuppenungetüm eingeführte Hauptfigur des 160 kg schweren Oswald Mephistopheles Wuthenau. Als heimwehkranken österreichischen Hitler-Verehrer lässt der Sprachberserker den Hünen in Argentinien unter einer bizarren Anhäufung von Mitspielern einschließlich etlicher Ex-Nazigrößen fröhliche Urständ feiern.

Doch der sentimentale Wuthenau suhlt sich nicht nur gern in antisemitischen Sprüchen, er leistet auch Großes, wenn er einerseits das erste Atomkraftwerk in Argentinien baut und andererseits ebendort Bert Brecht so berühmt macht, dass ihm die DDR-Führung die Brecht-Medaille verleiht. Das titelgebende Fest der Steine ist dabei nur ein erster Höhepunkt in dem endlosen Reigen himmelschreiender Kapriolen, mit denen Franzobel als eine Art literarischer Stalinorgel alle Kultiviertheit übertönt und niederwalzt.

Nicht von ungefähr hat er den Roman in sieben Kapitel unterteilt und diese mit den sieben Todsünden überschrieben. Nur bei der "Trägheit" weicht er davon ab und nennt das Kapitel "Traurigkeit", das erscheint allerdings angemessen, wo hier doch jemand als Krönung einer Orgie zum Valentinstag 1958 gesteinigt wird. Inmitten dieses unflätigen Geschehens fällt dazu der harmlos funkelnde Satz: "Der Mensch ist ein höheres Wesen, nur benehmen tut er sich noch wie ein Tier." Und das nicht zuletzt, weil neben Fressen und Sex die Verdauung eine allgegenwärtige Belästigung für Körper und Geist darstellt und dort, wo zum Beispiel Wuthenau an Verstopfung leidet, seinen Schwiegervater der ständig drohende Durchfall plagt.

Wegen dieses quasi braunen Fadens durch das aberwitzig vielfältige Geschehen und auch hinsichtlich des Untertitels "Die Wunderkammer der Exzentrik" drängt sich die Geistesverwandtschaft Franzobels zu Salvador Dali geradezu auf. Man nehme zu dessen skurriler Gedankenwelt noch den grantigen Wiener Schmäh eines Qualtinger und den anarchischen Witz eines Groucho Marx, dann lässt sich erahnen, wie sprachgewaltig, rabiat, hemmungslos und zuweilen deftig exkremental, immer aber mit überbordender Fabulierlust hier gegen des wohlanständigen Bürgers moralisches Ruhebedürfnis angewettert wird.

Das ist geistreich und voller überraschender Wendungen, sperrt sich allerdings gegen jede schlichte Wiedergabe. Ästheten und Feingeister wird es ohnehin grausen, wer jedoch Sinn hat für schrillen, bitterböse satirischen Humor mit viel hintersinniger Philosophie, der wird sich schlichtweg besoffen lesen an diesem genialischen Austro-Berserkertum. Wobei als geheimnisvoller Erzähler übrigens der zwergenwüchsige Dany Milchman fungiert, seines Zeichens Agent des israelischen Geheimdienstes. Schließlich spielt ein gewisser Eichmann auch eine kleine makabre Rolle....

 

# Franzobel: Das Fest der Steine oder Die Wunderkammer der Exzentrik; 651 Seiten; Paul Zsolnay Verlag, Wien; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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