ERNESTO CHE GUEVARA: "SELBSTPORTRAIT CHE GUEVARA"

Schon zu Lebzeiten wurde Ernesto Che Guevara (1928-1967) zur Legende und nach seinem gewaltsamen Tod im bolivianischen Urwald entwickelte er sich zum Mythos und Pop-Star, dessen berühmtes Konterfei bis heute weltweit Millionen von Postern, T-Shirts und andere Devotionalien ziert. Doch wer die Persönlichkeit hinter dem berühmten Revolutionär war, wissen viele bis heute bei aller Heldenverehrung kaum.

Ein wenig Licht in die oft unklaren oder je nach politischer Ausrichtung verzerrten Bilder von Fidel Castros Kampfgefährten bringt nun der Textbildband "Selbstportrait Che Guevara", eine Art Autobiographie mit Berichten des argentinischen Arztes über die Jugendjahre wie auch Stationen seines Lebens als Revolutionär. Deutlich wird, dass Guevara ein Idealist mit geradezu messianischem Sendungsbewusstsein aber kein Phantast war.

Aus bürgerlichen Verhältnissen stammend, hatte er Lateinamerika auf frühen Reisen erkundet und dabei viel Elend gesehen. Die Wandlung des lesewütigen jungen Mannes vom fröhlichen Abenteuerer bis zum kommunistischen Guerillakämpfer, Castros Minister und schließlich zur selbstironisch betrachteten Ikone und Kultfigur der Revolution lässt sich zumindest erahnen. Natürlich kann dieses Portrait nicht 'politisch korrekt' sein, enthält es doch durchweg vermutlich ungefilterte Selbstzeugnisse, herausgegeben von Victor Casaus in enger Zusammenarbeit mit Guevaras Witwe Aleida March.

Man erfährt nichts von den Schattenseiten des Helden, der gegen politische Gegner ebenso rigoros und brutal vorging oder vorgehen ließ wie gegen Linksabweichler und Homosexuelle. Zugleich zeigen die vielen, großenteils bisher unveröffentlichten Fotos manch Überraschendes und sie lassen verstehen, warum dieser attraktive und charmante Haudegen, der zudem viel Charisma besaß, auch bei unpolitischen jungen Menschen derartig zum Idol werden konnte, ohne dass sie seinen wahren Charakter und die Triebfedern seines Handels auch nur annähernd kannten.

Tagebuchausschnitte, Interviews, Briefe und viele andere Texte bis hin zu Gedichten erlauben einen tieferen Einblick in die Persönlichkeit dieses Mannes, der für seine Überzeugungen starb und das durchaus einkalkuliert hatte: "Ich glaube, dass ich eine Mission zu erfüllen habe auf dieser Welt, und dieser Aufgabe muss ich alles opfern...möglicherweise auch mein eigenes Leben." Fazit: ein faszinierendes Selbstbildnis einer der schillerndsten Figuren des 20. Jahrhunderts, eine wirkliche Autobiographie oder eine wissenschaftlich dokumentarische Aufarbeitung seiner Vita sollte man jedoch nicht erwarten.

 

# Ernesto Che Guevara: Selbstportrait Che Guevara (aus dem Englischen von Hans Joachim Hartstein); 308 Seiten, div. Abb., broschiertes Großformat; Kiepenheuer & Witsch, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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