HÉLÈNE GRIMAUD: "WOLFSSONATE"

Sie war störrisch, eine extreme Einzelgängerin und Außenseiterin mit ebensolchem Ordnungssinn und deutlich autoaggressiven Anwandlungen – als Kind. Und wenn sie sagt, das Klavier sei ihre Rettung gewesen aus einer gefährlichen psychotischen Verstrickung, dann ist das Faszinierende daran, dass aus dieser kleinen Französin dennoch eine der ganz großen Pianistinnen unserer Zeit geworden ist: Hélène Grimaud.

In ihrem autobiographischen Buch "Wolfsonate" schildert die gefeierte Musikerin ebenso lebendig wie selbstkritisch den erstaunlichen Weg ihrer Selbstfindung vom unbezähmbaren Sorgenkind intelligenter und sehr fürsorglicher Eltern zur attraktiven selbstbewussten Frau mit speziellen Vorlieben. Ihre hohe Vitalität gepaart mit Symmetrie- und Ordnungswahn als Ausdruck ihrer Suche nach einem Gleichgewicht stieß mit sieben Jahren auf den Rettungsanker und Wegweiser: es war die Begegnung mit einem Klavier, mit der Musik.

Mit 13 bereits war sie jüngste Studentin am Konservatorium in Paris und mit 15 nahm sie ihre erste CD auf. Die Linkshänderin geht auf in der Liebe zur klassischen Musik, denn die hat sie bekehrt und gerettet. Extrem individuell und ungebärdig ist die inzwischen 34-Jährige noch immer, doch längst gibt es eine zweite große Liebe in ihrem Leben, ebenso ungewöhnlich wie alles in ihrem bisherigen Leben: die Wölfe. Schon früh liebte sie Tiere, doch jegliche Lebewesen traten für sie ins zweite Glied zurück nach dem ersten Blickkontakt mit Alawa, der Wölfin.

Fortan widmete sie sich intensiv dem Kult um den Wolf, studierte deren Biologie und Verhaltensweisen und empfindet seitdem eine tiefe Seelenverwandschaft mit den intelligenten Tieren, deren Wesen und Zärtlichkeit sie bewundert. Seit vielen Jahren in den USA lebend, hat sie es sogar geschafft, sich dort ihr eigenes "Wolf Conservation Center" in Salem/New York einzurichten. Entsprechend breiten Raum nehmen die Ausführungen zu allem, was mit Wölfen zu tun, in diesen ungewöhnlichen Lebensbericht ein.

Die Musik und die Wölfe sind gleichermaßen Hélène Grimauds Schicksal und sie versteht, beides auf solch komplexe und fesselnde Weise darzulegen, dass man hernach unbedingt eine ihrer CDs auflegen und dazu Bilder ihrer geliebten Wölfe betrachten möchte.

 

# Hélène Grimaud: Wolfssonate (aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn); 255 Seiten; Blanvalet Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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