JÜRGEN NEFFE: "EINSTEIN"

Schon als Schüler war er ein Grübler von maßloser Wissbegier, ein Außenseiter und unabhängiger Geist, der sich selbst im Übrigen "maultierhafte Starrnackigkeit" bescheinigte: Albert Einstein, 1879 in Ulm geboren und vor nunmehr 50 Jahren in Princeton, USA, verstorben. Als Gehirn des Jahrhunderts wurde das Genie mit dem deutlichen Hang zum Autismus bezeichnet, das vor genau 100 Jahren die revolutionäre Relativitätstheorie in die Welt setzte.

Jürgen Neffe, selbst Naturwissenschaftler, legt mit "Einstein" eine Biographie vor, die dank exzellenter Recherchen manche neuen Aspekte eröffnet und auch mit allerlei Legenden aufräumt (Einstein war z.B. kein schlechter Schüler!). Überaus fesselnd schildert der Autor die wahrhaft schillernde Persönlichkeit des Mannes, der als Hobbywissenschaftler begann und dessen Mythos im November 1919 durch eine Meldung der Londoner "Times" geboren wurde, als diese von der praktischen Bestätigung der Relativitätstheorie berichtete. Erst nun wurde Albert Einstein zum Guru der Physik und das vielleicht Phänomenalste an seinem Schaffen war, dass er im wesentlichen durch schieres Nachdenken zu den großen Erkenntnissen gelangte.

Gleichwohl war und blieb er ein Einzelgänger, ein Außenseiter und unbezähmbarer Freigeist mit einzigartigem Charisma, der äußeren Erscheinung eines Stars und dem verqueren Witz im Stile eines Groucho Marx. Der Autor zeigt jedoch auch, dass Einstein im Wesen ein zwar charmanter aber auch schwieriger Kindskopf geblieben ist, der einen lebenslangen Kampf gegen jede Form von Autorität focht nach dem Motto "Autoritätsdusel ist der größte Feind der Wahrheit!" Beleuchtet wird zugleich, wie schwer es seine Partnerinnen und seine Kinder mit dem Egozentriker hatten, der andererseits von einem Verantwortungsbewusstsein für die gesamte Menschheit beseelt war.

Schon in den 20er Jahren als jüdischer Querdenker und unkonventioneller, politisch denkender Zeitgenosse von reaktionären Kräften massiv bedroht, floh er schließlich vor den Nazis in die USA. Es gehörte zu den tragischsten Momenten seines Lebens, dass ausgerechnet dieser Pazifist 1939 mit seinem Brief an US-Präsident Roosevelt den wesentlichen Anstoß zur Entwicklung der Atombombe gab.

Und es passte zu seiner Arglosigkeit im politischen Umgang, dass diese im krassen Gegensatz zum Argwohn seiner politischen Gegner stand – nach den reaktionären Kräften in Deutschland dann auch in den USA, wo ihn FBI-Chef Hoover und Kommunistenjäger McCarthy zum "deutschen Bolschewisten und Anarchisten" zu machen versuchten. Seinem geradezu popstar-mäßigen Weltruhm konnte dies jedoch nichts anhaben und noch heute zählt Einstein zu den größten und berühmtesten Köpfen der gesamten Menschheit.

Jürgen Neffe lässt dies mit eleganter Sprachgewalt ebenso lebendig werden wie die vielen anderen Facetten des Phänomens Einstein. Auch komplizierte Sachverhalte werden verständlich gemacht und so ist dieses Buch im doppelten Jubiläumsjahr des "zerstreuten Professors" mit dem Wuschelkopf ein exquisites Lesevergnügen.

 

# Jürgen Neffe: Einstein. Eine Biographie; 492 Seiten, div. Abb.; Rowohlt Verlag, Reinbek;

€ 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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