CHRISTINE EICHEL: "IM NETZ"

Täglich besucht die schüchterne Berliner Bühnenbildnerin Martha ihren plötzlich verstorbenen Liebhaber in der Anatomie, wo er von Medizinstudenten seziert wird. Noch bizarrer jedoch verbringt sie ihre Nächte, denn beim Chatten gerät sie an Rex, einen mysteriösen Meister der Duldungsstarre. Er zieht die 32-Jährige in ein Netz unheimlicher Grenzüberschreitungen und – er behauptet zu wissen, wie ihr verheirateter Liebhaber wirklich umgekommen ist.

"Im Netz" hat Christin Eichel ihren jüngsten Roman überschrieben und in ein unentrinnbares Spinnennetz scheint Rex sein Opfer tatsächlich gelockt zu haben. Als hinterhältiger Körperkünstler spielt er seine ganze Dominanz gegenüber Marthas labiler, verletzter Psyche ebenso wie gegenüber ihrem Körper aus. Als unsichtbares und dennoch sinnliches und sehr körperliches Phantom treibt er die junge Frau mit der Bescherung von Angst, Schmerz und Lust in einen Wirbel von Hörigkeit.

Doch die wahren Dimensionen des perfiden Spiels beginnt die Ich-Erzählerin erst zu ahnen, als sich in dem hypnotischen ‚Danse Macabre’ allmählich heimtückische Machenschaften abzeichnen und aus dem distanzierten Nachtspuk eine gar nicht mehr sehr anonyme Gefahr für Martha erwächst. Durchzogen von einem subtilen und teils bissigen Humor baut Christine Eichel eine mitreißende, hochspannende Dramaturgie auf, die bis zum Finale immer wieder mit virtuosen Wendungen überrascht.

"Im Netz" ist ein echter Erotikthriller und dank der ebenso eleganten wie meisterhaften Sprachgestaltung aber auch durch die exzellente Zeichnung sämtlicher Charaktere ist der Erfolgsautorin ein Meisterwerk dieses schwierigen Genres gelungen. Ein mutiger Regisseur könnte daraus im Übrigen einen hinreißenden Film mit Chancen auf Kultstatus fertigen...

 

# Christine Eichel: Im Netz; 304 Seiten; Hoffmann und Campe, Hamburg; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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