ROBERT GERNHARDT: "DIE K-GEDICHTE"

"Wenn einer eine Chemo macht/ dann kann er was erzählen/ und seine Umwelt Tag und Nacht/ mit Selbsterlittnem quälen." Mit so viel Sarkasmus als Waffe des feinsinnig spitzfindigen Poeten schreibt Robert Gernhardt an gegen Krankheit und Angst und tiefe Verunsicherung und er nennt diesen Gedichtband eines Überlebenden "Die K-Gedichte".

K für Krankheit und K für Krieg, der aber hintenangestellt bleibt. Schließlich hat der Meister des verknappten, höchst sprachwitzigen Gedichtes nach dem allzu physischen Herzeleid von 1996 sechs Jahre später die so ziemlich hässlichste zivile Sense von Gevatter Tod zu spüren bekommen: den Krebs. Krankheit "als Schangse" nach der Diagnose, nach der nichts mehr ist, wie es war? Gedichte schreiben, wenn das Tödliche in einem sitzt, man zwei Operationen und Chemotherapien durchleiden muss?

Aber ja doch! Kann denn ein Dichter aufhören zu dichten und das gar auf der lange währenden Kippe der Ungewissheit über Leben oder Tod balancierend?! Gernhardt hatte die nötige Disziplin, dem Sensenmann nicht nur seinen Überlebenswillen entgegenzuhalten, er hatte auch die trotzige Kraft, einen kunstvollen autobiografischen Seiltanz zwischen Krebs und Komik daraus zu schaffen. So komisch grimmig allerdings, dass es einen zuweilen graust beim Lesen. Ein schmerzensreiches, banges Ringen mit dem Schicksal war es und man ahnt die Qual, zumal der Dichter den Leser nicht durch eine dezente Wortwahl schont. Das jedoch ist die Größe des Poeten, dass er dabei dennoch ohne Larmoyanz und Narzissmus auskommt. Es ist noch einmal gut gegangen für ihn, aber groß war die Hoffnung nicht.

Gegen diesen Reigen, der leicht zur eigenen Totenfeier hätte überleiten können, nehmen sich die Gedichte zum Irak-Krieg fast leichtfüßig aus. Die sieben Sonette voll bissiger Satire haben es gleichwohl in sich und der virtuose Sprachjongleur vermag es, den ganzen Irrsinn dieses Feldzuges in einem Satz gipfeln zu lassen: "Wenn keiner schießt, wird halt zurückgeschossen."

 

# Robert Gernhardt: Die K-Gedichte; 102 Seiten; S. Fischer Verlag, Frankfurt; € 14

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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