TOM SHARPE: "DER EINFALTSPINSEL"

Henry Wilt ist endlich wieder da! Ja, der intelligent-trottelige englische Berufsschullehrer aus Ipford samt Gattin (in den Jahren ziemlich wuchtbrummig geworden) und den mittlerweile pubertierenden Vierlingstöchtern. Und diese Warnung ist bei "Der Einfaltspinsel", dem neuen Geniestreich Tom Sharpes, voranzustellen: lesen Sie dieses Buch auf keinen Fall, wenn Sie unter Durchfall leiden – es käme unweigerlich zur Katastrophe.

Man mag es kaum glauben nach der viel zu langen Pause seit ersten den drei Henry-Wilt-Romanen, aber unser Freund ist tatsächlich noch steigerungsfähig und Lachmuskelkrämpfe sind unausbleiblich, denn diesmal kommt es zu einer raffinierten Zellteilung. Eva will den steinreichen erzkonservativen Erbonkel Wally und die gleichermaßen ätzende Tante Joan im hinterwäldlerischen Tennessee besuchen. Mit einem ziemlich blöden Trick gelingt es Henry sich abzukoppeln, so dass Eva mit den Töchtern allein fliegt. Und es beginnen zwei Abenteuerstränge von bitterböser Komik, die W.C. Fields und Monty Python vor Neid erblassen lassen würden.

Henry nutzt die Gelegenheit zu einer Wanderung durch die englische Provinz, was prompt in kriminell abenteuerliche Katastrophen mündet. Da wird das Anwesen eines perversen Adeligen abgefackelt und seine ruchlose Geliebte versucht einen Skandal von ihrem Gatten abzuwenden, der immerhin Abgeordneter und Schattenminister für die Verbesserung des sozialen Klimas ist. Der antriebsschwache Henry stolpert angeheitert in diese krude Landidylle, kommt unter General-Verdacht und lernt auf sehr eigene Weise die Vorzüge des maroden britischen Gesundheitswesens kennen.

Doch die US-Provinz bietet mindestens ebenso viel Stoff für herzhaft politisch unkorrekte Beize, denn die Verwandten sind nicht nur puritanisch religiös, Onkel Wally entpuppt sich auch als militaristischer Reaktionär. Oder umgekehrt. Die Vierlinge aber bürsten alles gegen den bigotten Strich mit ihrer schnodderigen Logik und ihre Vorliebe für sex-angereicherte Sprüche bringen den alten Lüstling sogar irgendwie in Wallungen. Mit ungeahnten Folgen, die nicht für alle Beteiligten zum Bersten komisch sind. Und nicht zu vergessen, dass die gesamte Wilt-Sippe ganz nebenher auch noch ins Visier durchgeknallter US-Drogenfahnder gerät.

Tom Sharpe genießt es spürbar, gemein zu sein, und er beweist erneut seine Spitzenstellung, wenn es um hinreißend bissige Satire der allerschwärzesten britischen Art geht. Was noch fehlt: dieser Roman ist ein absolutes Muss für eine Verfilmung und Kultstatus kann garantiert werden!

 

# Tom Sharpe: Der Einfaltspinsel (aus dem Englischen von Hans. M. Herzog); 253 Seiten; Goldmann Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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