OLIVER BOTTINI: "MORD IM ZEICHEN DES ZEN"

Das einzig Negative vorweg: der Titel "Mord im Zeichen des Zen" ist schlicht daneben, ansonsten aber legt Oliver Bottini mit diesem Roman ein Debüt vor, mit dem er sich sofort in die Oberliga der Kriminalautoren einreiht. Schon der Einstieg mit einem asiatischen Mönch in Kutte und Sandalen, der durch ein verschneites Dorf im Breisgau schreitet, hat eine Klasse für sich.

Es muss etwas getan werden, denn dieser Fremdling ist verletzt, verängstigt und stumm. Der gemütliche Dorfpolizist und sein junger Assistent rufen Hilfe von der nahen Freiburger Kripo. Die kommt in Gestalt von Hauptkommissarin Louise Boni, 42, geschieden und mit einem ernsten Alkoholproblem. Die Drei folgen dem unbeirrbar davonschreitenden Mönch und am Abend ist der Dorfpolizist schwer verwundet, sein Assistent erschossen und der Fremde verschwunden.

Obwohl sich das anfangs ein wenig sperrig liest, fesselt es sofort, denn es agieren echte Typen, allen voran diese Kommissarin. Ohnehin privat frustriert, hat sie es nicht leicht mit den männlichen Kollegen, zumal ihr Chef mit Maßnahmen wegen der Sauferei droht. Dabei wird Louise von Gespenstern der Vergangenheit verfolgt, seit sie einen Verbrecher erschossen hat. Und nun muss sie den Tod des jungen Kollegen erleben und wird vom Dienst suspendiert, obwohl sie wohl die einzige ist, die den Hauch einer Ahnung von den möglichen Hintergründen der mysterösen Vorgänge hat.

Was hat es mit der buddhistischen Klostergemeinschaft jenseits der französischen Grenze auf sich, wo die seltsamen Beter nicht wirklich sanftmütig erscheinen? Und welche Rolle spielt der attraktive Japanologe, der ihr nur zögernd hilft? Entspringen ihre Vermutungen nur "Jägermeister-Gedanken"? Doch selbst, als sich die verbrecherischen Dimensionen um illegale Adoptionen und weit Schlimmeres allmählich abzeichnen, wird der Roman nur bedingt zum Action-Thriller und entwickelt dennoch eine faszinierende Sogwirkung dank dieser Louise.

Mit ihr hat der Autor eine tiefgründige Hauptperson geschaffen, wie sie selten vielschichtiger und gelungener in diesem Genre geboten wird. Zur hohen Qualität des Romans trägt zudem die souveräne Sprachgewalt bei, mit der Bottini Charaktere und Szenen entwirft und zuweilen auch ein Fünkchen herben Humors aufblitzen lässt. Fazit: ein wahres Lesevergnügen, nach dem man sich bereits auf den in Arbeit befindlichen zweiten Fall mit Kommissarin Boni freut.

 

 

# Oliver Bottini: Mord im Zeichen des Zen; 368 Seiten; Scherz Verlag, Frankfurt; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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