EDGAR REITZ: "HEIMAT 3 – CHRONIK EINER ZEITENWENDE"

Mit seinem weltberühmten Zyklus "Heimat" schrieb Edgar Reitz in den 80er und 90er Jahren Fernsehgeschichte. Nun lässt er seine Figuren um Hermännchen und das abgelegene Hunsrückdorf Schabbach zu einem großen Finale auflaufen, das unter dem Titel "Heimat 3" im Dezember 2004 im Fernsehen ausgestrahlt wird. Doch Reitz hat noch eins draufgesetzt, denn nach Abschluss der Dreharbeiten für die neue Staffel verfasste er eine Art literarische Nacherzählung des Ganzen.

Unter dem Titel "Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende" lässt er die Handlung minuziös der des Filmes folgen. Dennoch lohnt das Lesen des opulenten Werkes, denn es macht manche Hintergründe einzelner Figuren deutlicher und auch das kontinuierliche Erfassen der vielen Dialoge erfährt so eine neue Qualität. Der vielschichtige und fesselnd aufgebaute Rückblick setzt in jener einzigartigen Nacht ein, als die Deutschen "das glücklichste Volk der Welt" waren. Sängerin Clarissa und Dirigent Hermann begegnen sich ausgerechnet in jener Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 in Berlin.

17 Jahre hatten sich die ehemals Liebenden aus den Augen verloren, doch nun wächst gewissermaßen auch bei ihnen schlagartig zusammen, was zusammengehört. Und es gibt einen gemeinsamen Dreh- und Angelpunkt für ihr weiteres Leben, ein altes Fachwerkhaus hoch über dem Rhein, das sie für sich restaurieren lassen. Dieses "Günderrode-Haus" soll einst einer alten Dichterin gehört haben, nun lassen sie es von Handwerkern aus dem deutschen Osten herrichten. Die sind preiswert zu haben in den ersten Wendejahren und auch sonst spielen all die neuen Verbindungen, die windigen Geschäfte ebensolcher Wessis und viel Alltägliches eine wichtige Rolle.

Heimat selbst verliert an Gewicht, denn, so der Autor: "In einer Welt ohne Grenzen ist Heimat kein Begriff des Ortes mehr, sondern einer der Zeit." Die aber reicht hier bis zur Jahrtausendwende und ist gefüllt mit jenen Verwicklungen und kleinen dramatischen Vorfällen des Lebens, wie sie ein jeder in der ein oder anderen Form selbst kennt. Reitz hat einen ganzen Kosmos mit teils völlig durchschnittlichen Menschen, teils aber auch mit echten Typen entwickelt – eben wie im richtigen Leben.

Geschrieben ist das ungekünstelt und lebensnah und es entsteht eine starke Sogwirkung durch den interessanten Kunstgriff, dass alles drehbuch-ähnlich und mit schnellen Schnitten und wechselnden Ebenen angelegt ist. Abschließend fügt der Autor ein Tableau des Filmteams sowie etliche Informationen als Anhang an. Dieses Buch zum Film kann allerdings durchaus auch als eine Art Wende-Roman besonderer Art für sich allein bestehen.

 

# Edgar Reitz: Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende; 639 Seiten, div. Abb.; Albrecht Knaus, München;

€ 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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