WALTER MOERS: "DIE STADT DER TRÄUMENDEN BÜCHER"

Das verrückteste Genie deutscher Sprache hat wieder zugeschlagen: Walter Moers legt ein ebenso funkelndes wie schräges literarisches Kunstwerk über "Die Stadt der Träumenden Bücher" vor. Um ganz korrekt zu sein, muss man es allerdings als einen Roman aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz bezeichnen, den Moers lediglich aus dem Zamonischen übertragen und mit der gewohnt bizarren Fantasie illustriert hat.

Eigentlich geht es bei der Geschichte ja nur darum, wie Hildegunst in den Besitz des 'Blutigen Buches' gelangte und wie er sich das Orm erwarb, jene Fähigkeit zu außerordenltichen Autorenleistungen. Gleich eingangs schildert der 27-jährige Ich-Erzähler, wie es zu dem Vermächtnis seines Dichtpaten Danzelot von Silbendrechsler an ihn kam. Das besteht aus nichts als der makellosesten Geschichte schlechthin und sie zwingt Lindwurm Hildegunst nach Buchhaim, jene titelgebende Stadt der Träumenden Bücher.

Er öffnet damit die Tür zu einer gigantischen Buchhandlung und er stürzt in ein Labyrinth verwegener Abenteuer. Wie in den Vorgängerromanen – die alle irgendwie auch hier eine Rolle mitspielen – verschlägt es den Helden in Höhlen, finstere Winkel und zu Gestalten allerschrillster Provenienz. Und Hildegunst muss erkenne, dass Lesen wahnsinnig machen und sogar töten kann, schließlich spielen die Bücher hier quasi selbst die Hauptrolle und das ziemlich exaltiert und spannend.

Viele der Akteure tragen Namen in Anagrammen wie zum Beispiel von Goethe und Shakespeare, doch auch sonst sprüht der Aberwitz mit Helden wie Colophonius Regenschein oder einem gewissen Phistomefel. Größter Gegenspieler aber ist der grandios erfundene Schattenkönig mit dem raschelnden Gelächter. Und auch ohne jene Mythenmetzschen Abschweifungen der letzten Romane ist das alles ein schräger und zugleich wunderbarer Blödsinn – warum allerdings läse man sonst wohl Walter Moers, pardon, Hildegunst von Mythenmetz?!

Dieser schrullige Roman ist nicht zuletzt auch dank seiner exzellenten Wortspielereien und eingestreuten Gedichte ein literarisches Juwel für echte Bücherfreunde mit dem nötigen, leicht masochistischen Sinn für um die Ecke denkenden Humor. Und niemand muss traurig sein nach dem genialen Schlusssatz, denn Hildegunst von Mythenmetz verspricht seiner Fangemeinde noch viel Fruede, schließlich enthält dieser Roman ja lediglich die ersten zwei Kapitel aus seinem Erstlingswerk "Reiseerinnerungen eines sentimentalen Dinosauriers"!

 

 

# Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher; 448 Seiten, ill.; Piper Verlag, München; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 315 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de