CHRISTIAN von DITFURTH: "MIT BLINDHEIT GESCHLAGEN"

Josef Maria Stachelmann ist wieder da, jener einzelgängerischer Historiker, der in seinem ersten Fall mit jenem "Mann ohne Makel" einen mächtigen Alt-Nazi und dessen kriminelle Verwicklungen fast im Alleingang aufgedeckt hatte. Wie sein Autor Christian von Ditfurth ist auch der 43-jährige Geschichtsdozent an der Hamburger Universität ein Spezialist für den Themenbereich Nationalsozialismus.

Der neue Fall unter dem Titel "Mit Blindheit geschlagen" ist jedoch kein aktionseicher Thriller wie der Vorgänger sondern fesselt mit viel Psychologie und Athmospähre. Stachelmann plagt sich sowohl mit seinen chronischen Arthritisschüben wie mit der überfälligen Habilitationsschrift, als ihm der neue Kollege Wolf Griesbach vorgestellt wird. Natürlich wittert er sofort Konkurrenz in dem attraktiven Berliner mit dem selbstsicheren Auftreten. Um so mehr verwirrt ihn, dass er noch am selben Abend mit Griesbachs schöner Ehefrau Ines im Bett landet, während der wegen dringlicher Angelegenheiten noch einmal nach Berlin muss.

Kaum hat sich Stachelmann dann einem neuen Auftrag gewidmet, bitte ihn Ines dringend um Hilfe, denn ihr stets überkorrekter Mann ist verschollen. Der eher linkische Dozent begibt sich nach Berlin, bleibt dort erfolglos und steckt dennoch umgehend in übelsten Nöten, denn Griesbach findet sich nach Stachelmanns Rückkehr ins heimische Lübeck – als Mordopfer in Stachelmanns Kofferraum! Langsam aber steig entwickelt sich die Szenerie zu einem Albtraum für den Hilflosen, der von mysteriösen Unbekannten erfolgreichzum allein Mordverdächtigen aufgebaut wird.

Während die wachsende Paranoia des unschuldig Verstrickten immer spürbarer wird, scheint mit einer sich erst allmählich ausbreitenden Parallelhandlung die Szene einer Stasi-Intrige im Fluchthelfermilieu auf, die mindestens ebenso abgefeimt wie bedrohlich wirkt. Ist Griesbach Opfer eines einst von Spitzeln verratenen Republikflüchtlings geworden, war er gar selbst einer jener hehren "Kundschafter des Friedens" und welche Rolle hat man Stachelmann in dem perfiden Spiel zugedacht? Alte Stasi-Seilschaften rumoren da offenbar auch viele Jahre nach dem Mauerfall noch und für den Krimihelden wider Willen wird es schließlich lebensgefährlich.

Dieser ungewöhnliche Krimi besticht durch eine exzellente Dramaturgie und die souveräne Abrechnung des Fachmannes von Ditfurth mit den heimlich noch wütenden Hydras des alten Systems macht den Roman auf beklemmende Weise authentisch und aktuell.

 

# Christian von Ditfurth: Mit Blindheit geschlagen. Stachelmanns zweiter Fall; 412 Seiten; Kiepenheuer & Witsch, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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