LISELOTT WILLÉN: "STEIN UM STEIN"

Es gibt Romane, über die darf man nicht zu viel verraten, um dem Leser nicht die alsbald steigende Spannung zu verderben. Das gilt auch für Liselott Willéns Debütroman "Stein um Stein". Er spielt auf den kargen Aland-Inseln zwischen Finnland und Schweden zur stürmischen Herbstzeit.

Kjerstin, Lehrerin am örtlichen Gymnasium, verzweifelt an ihrer Lebenssituation: Schikanen vom Rektor, ein Schüler tyrannisiert sie, niemand nimmt sie recht ernst und obendrein hat ihr Ehemann Jörgen offenbar eine Affäre. In ihrer Not schließt sie sich einer Selbsthilfegruppe mit sieben anderen Frauen an und steht alsbald ähnlichen wie diese im Banne des ebenso geheimnisvollen wie charismatischen Gruppenleiters Ove. Einen Erfolg zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls haben die Donnerstagstreffen tatsächlich bald – nicht mehr sich selbst will sie umbringen sondern jemanden anderen!

Ein Gedankenspiel nur, oder? Und wenn, dann wenn? Jörgen soll es nicht sein, dann schon eher seine Geliebte. Was aber steckt hinter dem mysteriösen Ove und wie ernst ist es Kjerstin wirklich mit ihren bösen Absichten? Es entwickelt sich ein Geflecht aus Angst, Verrat, Schuldgefühlen und erotischen Verstrickungen und immer wieder blitzt der Gedanke an Rache auf.

Das lebt von der glaubwürdigen Darstellung der Charaktere und ihrer komplexen Beziehungen zueinander, aber auch von der provinziellen Enge im kleinen Kosmos der dünn besiedelten Inseln, die die junge Autorin als dort gebürtig bestens kennt. Zugleich liegt über dem geradezu kammerspielhaften Geschehen diese typische schwedische Melancholie, die Depressionen so plausibel macht. "Stein um Stein" ist ein fein gesponnener psychologischer Spannungsroman, der bis zur letzten Zeile fesselt und Appetit auf weitere Großtaten dieser Autorin macht.

 

# Liselott Willén: Stein um Stein (aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt); 384 Seiten; btb, München; € 21,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

 

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