AMÉLIE NOTHOMB: "KOSMETIK DES BÖSEN"

Welch ein Dauerdialog: der Pariser Geschäftsmann Jerome Angust wartet auf dem Flughafen auf seine verspätete Maschine, als ihn ein Fremder anspricht und nicht mehr in Ruhe lässt. Dieser Textor Texel wird zunächst nur abstoßend impertinent, als er sich nach kurzem Geplänkel eiskalt mit einer Vergewaltigung brüstet. Und er habe diese Frau geliebt und seine Tat nie bereut.

Jerome versucht den Widerling abzuschütteln, doch alles Zureden, Beleidigen und Drohen hilft nicht. Im Gegenteil, Texel lässt sich nicht einschüchtern, sondern steigert seine Tiraden nun vielmehr ins Ungeheuerliche. Er kennt nicht nur erschreckend genau die Lebensumstände Jeromes, es gibt sogar eine absolut finster makabre Beziehung zwischen ihnen.

Maliziös schildert der Unheimliche, dass er sein Vergewaltigungsopfer jahrelang wiedergesucht habe. Als er sie dann endlich nach zehn Jahren fand, hatte es heftige Wortgefechte gegeben, die damit endeten, dass er die Widerspenstige ermordete.

"Kosmetik des Bösen" hat die belgische Erfolgsautorin Amélie Nothomb diesen kleinen teuflischen Roman genannt und erneut fasziniert sie mit virtuosen, geradezu funkelnden Dialogen. Die sind voller Giftigkeit und dieser Textor entwickelt sich zu einem solch unausweichlichen Quälgeist, dass selbst beim distinguierten Jerome tief verborgene Abgründe aufkochen. Das ist psychologisch von packender Präzision und hervorragend komponiert. Als Bettlektüre sollte man dieses brillante Büchlein allerdings besser nicht benutzen.

 

# Amélie Nothomb: Kosmetik des Bösen (aus dem Französischen von Brigitte Große); 107 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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