LOLITA PILLE: "PRADASÜCHTIG"

"Ich bin eine Luxusschlampe." Mit dieser krassen Vorstellung eröffnet Ich-Erzählerin Hell einen Rückblick auf ihr junges Leben, der von erschreckender Traurigkeit geprägt ist. Ihr Credo ist schön zu sein und zu konsumieren und das tut die 18-Jährige ebenso sinnlos, monoman und exzessiv, wie sie auch sonst lebt. Von Beruf Tochter schwer reicher Leute der Pariser High Society, illusionslos, ohne Träume, dreht sich ihr Alltag um Hedonismus, uferlose Verschwendung und Luxus um des Luxus willen.

"Pradasüchtig" hat Lolita Pille ihren Roman genannt, denn Labels wie Prada und Gucci sind Hells Markenzeichen und irgendwann bekennt sie: "In Wahrheit langweilen wir uns zu Tode, denn wir haben keine Wünsche mehr." Alles ist nur Schein und ihre wilde Clique hat alles und braucht dennoch Prozac, Koks, Alkohol und Orgien, um die große Leere in sich zu übertünchen und zu übertönen. Mit bitterem Sarkasmus sieht sich Hell, die sich bewusst so nennt und eigentlich Ella heißt, als ihre eigene Karikatur.

Mit 17 habe sie begriffen, dass Leiden ein Mittel ist, um der Oberflächlichkeit zu entkommen. Halt gibt es nicht und die Eltern werden gehasst, da sie bei allem Überfluss, den sie achtlos geben, "so wenig von dem geben, was wirklich zählt." Für kurze Zeit scheint es trotzdem einen Hauch von Glück für Hell zu geben, als sie echte Liebesseligkeit mit dem seelenverwandten Andrea erlebt. Doch auch er ist nur ein überdrüssiger Müßiggänger und ihre Monate sind lediglich eine Galgenfrist bis zum nächsten Absturz.

Mit knallharter Sprache, gnadenlos direkt und offen, hetzt die Autorin durch dieses Zeit-Vertreiben. Das ist zynisch und zugleich von einer verstörenden, tieftraurigen Poesie. Fazit: "Pradasüchtig" ist ein großer kleiner Roman aus grellster Gegenwart.