MARK HADDON: "SUPERGUTE TAGE"

Ein autistischer Ich-Erzähler in der Rolle eines jugendlichen Sherlock Holmes? Das könnte schiefgehen, doch Mark Haddon hat mit "Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone" ein ebenso ungewöhnliches wie gelungenes Buch aus dieser Idee gemacht. 15 ist Christopher, in manchen Verhaltensweisen aber zuweilen wie ein Dreijähriger und zugleich ein mathematisches Genie, das auf strengste Ordnung hält und mit den Launen und Stimmungswechseln anderer Menschen rein gar nichts anzufangen weiß.

Vor zwei Jahren ist seine Mutter gestorben, seither lebt er allein mit dem Vater, mit dem er sich gut versteht. Es ist nicht einfach mit diesem extrem spröden Jungen, der Essen nur akzeptiert, wenn es separiert auf dem Teller liegt, wobei er stets Lebensmittelfarbe dabei hat, weil er alles Gelbe und Braune ablehnt. Natürlich hat er es selbst in der Sonderschule nicht leicht, zumal er in seiner extrem logischen Sicht- und Denkweise stets die Wahrheit sagt und außer Puzzles und Polizisten nur noch Primzahlen liebt. Aber zumindest ist Lehrerin Siobhan in Ordnung und Chris will später mal Astronaut oder wenigstens Wissenschaftler werden.

Doch dann gerät seine ohnehin heillos komplexe Welt völlig aus dem Lot, denn eines Nachts wird der Pudel der Nachbarin brutal umgebracht. Chris mag Hunde, weil sie gradlinig sind, und ganz mit der glasklaren Logik seines Idols Sherlock Holms beginnt er nach dem Täter zu forschen. Da muss ihn die emotionale Unlogik der Umwelt verstören und es tun sich unverständliche Geheimnisse auf, selbst der Tod der Mutter erscheint plötzlich in einem überraschend anderen Licht.

Das Alles entwickelt sich zu einer ebenso geistreich spannenden wie bewegenden Geschichte. Der Autor eröffnet dabei einen faszinierenden Blick in die rätselhafte Innenwelt eines Autisten, wobei er ihn trotz allerlei Merkwürdigkeiten nie bloßstellt. Zugleich schwebt dieser Roman mit einer seltsamen subtilen Komik zwischen Leichtigkeit und Melancholie, die mit feuchten Augen lächeln und sogar lachen lässt.

 

 

# Mark Haddon: Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone (aus dem Englischen von Sabine Hübner); 288 Seiten, div. Abb; Karl Blessing Verlag, München; € 18 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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