WOLFGANG SCHORLAU: "DIE BLAUE LISTE"

Am 21. April 1991 wird Treuhand-Chef Carsten Detlef Rohwedder ermordet und es folgt eine drastische Kurskorrektur und der Ausverkauf des Ostens. Sechs Wochen später stürzt eine voll besetzte Boeing der Lauda Air über Thailand wegen einer unerklärlichen Schubumkehr in einem Triebwerk ab. Im Juni 1993 schließlich wird der RAF-Terrorist Wolfgang Grams in Bad Kleinem erschossen und Jahre danach meint das Bundeskriminalamt, Spuren von ihm am Tatort des Mordes an Rohwedder entdeckt zu haben.

Keiner der drei Fälle wurde wirklich aufgeklärt und daraus hat Wolfgang Schorlau mit seinem Debütroman "Die Blaue Liste" einen deutschen Thriller entwickelt, der alle Ingredienzen seiner amerikanischen Vorbilder hat. Der Untertitel lautet "Denglers erster Fall" und dieser Georg Dengler ist ein eigenbrötlerischer und trinkfester Privatdetektiv, der einst erfolgreicher Zielfahnder beim BKA war. Nun hat er sich in die Stuttgarter Provinz zurückgezogen, um es langsamer angehen zu lassen, doch gleich sein erster Fall verwickelt ihn in Machenschaften der alten Zeiten der Wende.

Die attraktive Christiane Stein beauftragt ihn zu überprüfen, ob ihr Vater, der einflussreiche Wissenschaftsprofessor Stein, damals tatsächlich beim Flugzeugabsturz über Thailand umgekommen ist. Ihr Verdacht: sein letzter Anruf aus Bangkok erfolgte nach dem Start der Unglücksmaschine. Allmählich stößt Dengler auf Details, die den gewieften Terroristenjäger in ihm neu beleben. Und was hat es mit jener geheimnisvollen 'Blauen Liste' auf sich, wegen der sogar die Asservatenliste im BKA geändert worden ist?

Schorlau entwickelt die Geschichte langsam mit kriminalistischer Gründlichkeit, um sie schließlich zu einem furiosen Finale zu steigern, in dem sich ungeahnte Dimensionen von hoher Politik, Machtgier und ganz großem Geld auftun. Da ordern hochgestellte Drahtzieher Mord als 'zugespitzte Geschäfttätigkeit' und tatsächlich muss sich Dengler schließlich mit einem mühsamen Punktsieg für die Gerechtigkeit begnügen und der schwedische Kollege Kurt Wallander lässt auch zuweilen grüßen.

Abgesehen von stellenweise übertriebener Detailgenauigkeit überzeugt dieses Debüt gerade durch die häufigen Berührungen von Fiktion und Wirklichkeit, deren Fakten in einem nützlichen Nachwort zusätzlich aufgehellt werden. Da pflichtet man dem Autor angesichts der ungeklärten Fälle bei: es ist nur eine Geschichte, aber vielleicht war es so. Und der Leser freut sich zum Schluss bereits auf den nächsten Fall des sympathischen Georg Dengler.

 

 

# Wolfgang Schorlau: Die Blaue Liste; 351 Seiten; Kiepenheuer & Witsch, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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