URS SCHAUB: "TANNER"

"Tanner", das ist ein hinreißender Kriminalroman, ungewöhnlich und von großer erzählerischer Kraft. Verfasst hat ihn der international renommierte Schweizer Regisseur Urs Schaub und man spürt dem eigenwilligen aber schnell überzeugenden Sprachstil sofort an, dass der Autor vom Theater kommt. Seine Charaktere sind stark und teils so knorrig, als habe Dürrenmatt ihm beim Schreiben über die Schulter geschaut.

Die Titelfigur ist der suspendierte Kommissar Simon Tanner, der Shakespeare liebt und die Frauen noch viel mehr. Von einem Spezialeinsatz in Marokko hat man ihn verdrängt und nun landet er auf einem Bauernhof in der westschweizerischen Idylle. Doch etwas von jenem afrikanischen Fall, wo drei kleine Mädchen unter grausigen Begleitumständen ermordet wurden, scheint auch weiterhin akut zu sein, denn schon in der ersten Nacht im Dorf werden an seinem Wagen die Reifen zerstochen. Und es hat auch hier zwei ähnliche Mädchenmorde gegeben.

Bald interessiert sich Tanner für die reiche Familie Finidori mit ihren exaltierten Gestalten. Als er sich jedoch mit deren zwergenhaften Butler Honoré anfreundet und der mysteriöse Andeutungen macht, wird er umgehend ermordet und das ausgerechnet mit Tanners gestohlener Dienstwaffe. Dieser lernt den arroganten Arzt der mächtigen Familie kennen, vor allem aber auch seinen Kollegen, den dicken Kommissar Michel, einen ewig schwitzenden knorrigen Kauz, der gern unterschätzt wird.

Die Provinzidylle wird vom Verbrechen aufgewühlt und das bedeutet Lebensgefahr für Tanner, aber auch für die schöne Bäuerin Elsie, in die er sich heftig verliebt hat. Was nun verbindet die ermordeten Mädchen miteinander und inwieweit hat Armand Finidori damit zu tun, der als Lichtallergiker Rätsel aufgibt? Es gibt viel Bewegung mit packenden Momenten, manch subtilem grimmigen Humor, jedoch auch hitzige Liebesszenen, wie sie so grandios selten in Kriminalromanen zu finden sind. Das Alles ist sehr persönlich geschrieben, was große Nähe und Dichte schafft. "Tanner" ist ein Debütroman, der bis zum dramatischen Finale fesselt und nur ein Fazit zulässt: Urs Schaub ist als Schriftsteller eine echte Entdeckung!