JULIAN RATHBONE: "DIE KÖNIGE VON ALBION"

Die Epoche der Rosenkriege (1455-1485), als die Adelshäuser York und Lancaster um den Königsthron kämpften, gehört zu den düstersten Kapiteln englischer Geschichte. Dem Erfolgsautor Julian Rathbone ist es dennoch gelungen, darüber einen Abenteuerroman zu verfassen, der bei allem harten Realismus zugleich mit herzhaftem Humor bis zu spitzer Satire und feinsinniger Weisheit die ganze Bandbreite eines großen historischen Epos hat.

"Die Könige von Albion" heißt das Werk und der geniale dramaturgische Dreh mit gleich mehreren Ich-Erzählern eröffnet sich im Untertitel: "Die abenteuerliche Reise eines indischen Prinzen nach England zur Zeit der Rosenkriege." Dieser Prinz Harihara aus dem sagenhaften Königreich Vijayanagara (das es zu jener Zeit wirklich gab!) bricht mit einigem Gefolge ins ferne 'Ingerlond' auf und hat zwei Reiseziele. Er will seinen dort verschollenen Bruder suchen, der sich dem verfolgten Geheimorden der 'Brüder des freien Geistes' angeschlossen haben soll. Der andere ähnlich wichtige Grund ist das Erlernen neuer Kriegskünste zur Verteidigung der bedrohten Heimat und diese Ingerlonder gelten als das kriegerischste Volk überhaupt.

Es ist nicht nur eine verwegene Reise aus dem milden Morgenland in die Schrecknisse englischen Wetters, denn in der Tat sind sie dort an der richtigen Adresse, wenn es um ständiges und wahrhaft grausiges Kriegsgetümmel geht. Immer wieder geraten die Exoten zwischen die wechselnden Fronten und gegenüber den feinsinnigen zivilierten Gästen sind diese Westler rückständige Barbaren, deren einzige wahre Kunst offenbar das geradezu lustvolle gegenseitige Abschlachten ist.

Wie gewitzt, mit feinem schwarzem Humor und teils subtilem Horror diese Primitiven von den Orientalen in ihren Berichten an den Chronisten Mah-Lo charakterisiert werden, das ist ebenso elegant und köstlich wie jene morgenländischen Umwege beim Erzählen, von denen man keinen einzigen missen möchte. Doch es wird auch Philosophisches und manch Weises über die Religionen und die Wege zu Gott eingewoben, was dem Roman bei allem Humor den nötigen seriösen Tiefgang beschert. Zu den erzählerischen Höhepunkten dieses fesselnden Buches aber gehören auch jene Szenen, in denen die schöne Uma erotische Reiseerlebnisse deftig und zugleich von hoher orientalischer Laszivität geprägt schildert.

Wohl selten ist das Aufeinandertreffen von Morgen- und Abendland im späten Mittelalter so lebendig und mit so viel grandiosem Zeit- und Lokalkolorit beschrieben worden. Fazit: ein hinreißendes Lesevergnügen, wenn es auch für Zartbesaitete weniger empfehlenswert ist.

 

# Julian Rathbone: Die Könige von Albion (aus dem Englischen von Karin Dufner); 479 Seiten; Europa Verlag, Hamburg; € 24,90 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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