JOACHIM ZELTER: "DAS GESICHT"

Wenn ein Schriftsteller nichts anderes kann und will, deshalb sein Manuskript an unzählige Verlage schickt und dann fast 200 Tage keine Antworten bekommt, da wird der Postbote als 'Nichtsbringer' allmählich zum Feind. Und obendrein die Dame vom Arbeitsamt, immer freundlich, aber ihr einziger Vorschlag gegen die Arbeitslosigkeit lautet Existenzgründung. Wenn in dieser Situation plötzlich der Großverlag K.i.K. dringend um das Erscheinen des geplagten Ich-Erzählers bittet....

Doch welch ein Erwachen – nur sein Gesicht brauchen sie und "Das Gesicht" heißt auch dieser neue Roman von Joachim Zelter. Seinen Ich-Erzähler benötigen sie wegen dessen verblüffender Ähnlichkeit mit Vasicek, dem verstorbenen Großautor, um ihn quasi noch einmal wiederzubeleben. Der Erzähler erlebt den Wahnsinn eines verrückten Marketing-Drehs mit dem Vasicek-Buch, das 777 Seiten voller Unverständlichkeiten enthält, auf dem Cover nichts als sein Antlitz.

Ein Beststeller wird gemacht und die Lesereise mit dem gut bezahlten und umschwärmten Bestseller-Darsteller mit dem Schrottbuch wird zur Realsatire auf den Literaturbetrieb. Perfekt wird er zum Kunstprodukt verpackt, ja dressiert und gestylt, um so vors begierige Pseudo-Kulturvolk geworfen zu werden. Lesungen werden zum Marathon und es kommt zu skurrilen Einlagen erotischer Natur, nur von den eigenen schriftstellerischen Ergüssen des Ich-Erzählers will niemand etwas wissen.

Zelter schreibt die groteske Geschichte staubtrocken, immer irgendwie verquer geradeaus und mit spürbarer Lust am Abstrusen. Ein spitzfindiges Lesevergnügen mit fein untergemischtem Gift.

 

 

# Joachim Zelter: Das Gesicht; 221 Seiten; Klöpfer & Meyer, Tübingen; € 19,50

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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