ANNEGRET HELD: "DAS ZIMMERMÄDCHEN"

Sie sei immer noch etwas sentimental und damals mit 19 auf Langeoog sowieso, bekennt Ich-Erzählerin Carla in dem kleinen Entwicklungsroman von Annegret Held. Zu Beginn der 80er Jahre ging die Landpomeranze zum Jobben auf die Insel und von diesen mäßig ereignisreichen sieben Wochen berichtet sie als "Das Zimmermädchen".

Tagein, taugaus Betten beziehen und aufschütteln, Treppen wischen und Fester putzen ist nicht eben spannend für eine 19-Jährige. Um so mehr ereifert sie sich mit den Kolleginnen in der Freizeit in den Dünen über den Mangel an attraktiven Männern. Aber Langeoog ist nun mal eher eine ruhige Familien-Urlaubsinsel und das Interessanteste außer Strand, Meer und Wind ist das Grab von Lale Andersen. Da dreht sich doch vieles für Carla und die anderen um den subtilen Kampf mit "Friesenkrug"-Chefin Frau Sörensen, einer ältlichen Jungfer.

Bis, ja, bis eine ganze Gruppe interessanter Männer ebendort einzieht, allesamt Teilnehmer eines Ärztekongresses. Endlich tut sich etwas in der ostfriesischen Inselidylle, denn die gut aussehenden Doktores haben so ihre Wünsche und Vorstellungen. Und Macken, wie gerade die Zimmermädchen feststellen müssen, wenn sie skurrile Entdeckungen machen. Carla jedenfalls geht das mit einer Mischung aus neugieriger Naivität und mädchenhaft unbedarftem Erlebnishunger an.

Geschrieben ist das direkt, zuweilen mit trockenem Witz und in einer Gratwanderung zwischen herzerfrischender Banalität und Raffinesse. Eine unterhaltsame Geschichte, die jedoch ein Prise Pfeffer mehr hätte vertragen können. Dass die Autorin das kann, beweist sie in einer etwas späten Szene eines missglückten erotischen Nahkampfs mit einem verkorksten Gynäkologen. Da triumphiert der von Erfahrungen noch unverdorbene Mädchenstolz und man genießt die klammheimliche Ironie des so vermeintlich brav Erzählten.

 

 

# Annegret Held: Das Zimmermädchen; 250 Seiten; marebuchverlag, Hamburg; € 18

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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