J.M. MORRIS: "DAS GESPINST"

"Das Gespinst" heißt der Debütroman des jungen Briten J.M. Morris und der ist von Beginn an als düsterer Psychothriller von der Art angelegt, die man nicht als Bettlektüre genießen sollte. Da eröffnet die 31-jährige Ruth rückblickend, wie sie in der Frühphase ihrer Beziehung zu Matt dessen Offenbarung eines schlimmen Geheimnisses nicht als das deutet, was es ist: eine dringliche Warnung, das Weite zu suchen.

Immer mehr entpuppt sich der Partner als gewalttätiger Irrer, dessen brutale Attacken lebensgefährlich werden. Doch als es Ruth endlich gelingt, sich aus der Verstrickung von Liebe und Wahn zu lösen, bleibt ihr keine Zeit zur Erholung von den Narben und der tiefsitzenden Angst, denn plötzlich ist ihr jüngerer schwuler Bruder Alex verschwunden. Für sie überraschend hatte er, der ihr engster Vertrauter auch in den schlimmsten Zeiten war, einen Job als Lehrer in der nordenglischen Kleinstadt Greenwell angenommen, nach einigen Monaten jedoch kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben.

Ruth beginnt nach ihm zu forschen und erlebt eine Kleinstadt von so finster feindseliger Art, dass man kaum glauben mag, dass irgendjemand feiwillig hier lebt. Selbst die Polizei sorgt mit brachialer Demütigung für die Vertiefung ihrer Ängste und über allem schwebt die unheimliche Legende vom todbringenden Grauen Mann, der die Gegend unsicher macht. Für Ruth verschwimmen Momente von Realität, Visionen und Wahnvorstellungen und sie befürchtet schließlich sogar, heimlich mit Drogen bearbeitet zu werden.

In aufreizender Dramaturgie steigert der Autor das Geschehen zu immer mehr Verwirrung und Beklemmung und treibt es mit ungeheurer Sogwirkung bis zum starken überraschenden Finale. Da werden Ahnungen erst allmählich mit konkreten Erinnerungen gefüllt und die ungeschönte Sprache mit teils exzellenten Bildern sorgt für wachsende paranoide Stimmung. Ungewöhnlich überzeugend ist aber auch die Einfühlung in die weibliche Empfindungswelt der Ich-Erzählerin geraten, wobei selbst die wenigen erotischen Szenen meisterhaft gelungen sind. Fazit: ein Psychothriller im Sinne des Wortes und eine hervorragende Vorlage für einen echten Gänsehaut-Film.

 

# J.M. Morris: Das Gespinst (aus dem Englischen von Susanna Gloga-Klinkenberg); 301 Seiten; Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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