BJÖRN ERIK SASS: HERRENBESUCH"

"Ich weiß, dass er da ist, aber ich ahne nur, was man alles mit ihm anstellen kann." Wer gemeint ist? Der kleine Freund des Mannes, denn sein Besitzer Klaus ist 26, Student und – immer noch Jungfrau. Wie sein Freund Jens, mit dem er genau deshalb weg von Muttern in eine WG in der Stadt gezogen ist. Hier in Kiel hoffen die beiden Lichtgestalten mit dem drittklassigen Erscheinungsbild auf erfolgreiche Frauentauglichkeitstests.

"Herrenbesuch" nennt Björn Erik Sass diesen kleinen Roman eigentlich völlig falsch, denn Damenbesuche sollen es bringen, das 'erste Mal'. Aber, aber: Ich-Erzähler Klaus ist Hypochonder, Dauerselbstbeobachter, Frauenversteher ("Ich mag es gern, wenn Frauen gut zu sich sind.") und seine schwachen Talente sind stark entwickelt. Außerdem braucht er regelmäßig den Rat seiner Homöopathin sowie Yoga und allerlei Naturtröpflein gegen seine hysterische Unentschlossenheit und die vielfältigen sonstigen Beschwerden.

Jens ist genau solch ein starker Typ und leidet obendrein unter Waschzwang. Zur Stärkung der Psyche ziehen sich beide gern gemeinsam Western-Videos rein. Diskretion über den anderen ist Ehrensache, dafür wissen sie viel zu viel übereinander. Wenn es nun von einer Peinlichkeit durchs nächste Fettnäpfchen zur erneuten Panne geht, dann ist Kiel zwar nicht Manhattan, dennoch muss man unwillkürlich an die Erscheinung eines jungen deutschen Woody Allen denken bei diesen sympathisch beknackten Kleinstadtneurotikern.

Das mag keine große Literatur sein, aber ein köstliches Lesevergnügen bei dieser respektlosen Schreibe, die einen ständig über herrlich staubtrockenen Witz und aberwitzige Szenen glucksen lässt. Da hat dann schließlich selbst die finale befreiende Tat ihren tragikomischen Drall und man wünscht sich den Film den Buch.

 

 

 

# Björn Erik Sass: Herrenbesuch; 160 Seiten, Verlag Antje Kunstmann, München; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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