NICCOLO AMMANITI: "DIE HERREN DES HÜGELS"

Niccolo Ammaniti erhielt den renommierten Premio Viareggio für seinen jüngsten Roman "Die Herren des Hügels" und dieses Werk ist in der Tat von virtuoser Erzählkunst. Wer sich jedoch auf diese konsequent und meisterhaft aus der Sicht des neunjährigen Michele geschilderte Geschichte einlässt, sei gewarnt: es ist ein rauer, verstörender Stoff.

1978, ein besonders heißer Sommer und Michele aus einem armseligen Dorf in Süditalien verbringt die Tage mit den typischen läppischen Kinderspielen mit seinen Kameraden, kujoniert vom rabiaten Anführer 'Totenkopf'. Da entdeckt Michele ganz allein ein entsetzlich verdrecktes Erdloch und darin einen angeketteten Jungen, der vor Hunger, Angst und Schmerzen zeitweise in Verwirrung und Wahnvorstellungen verfällt. Dieser Filippo ist gleichaltrig und bei den heimlichen Besuchen findet Michele allmählich heraus, dass er aus einer reichen Familie im Norden stammt und wegen eines Lösegeldes entführt wurde, das aber offenbar ausbleibt.

Zugleich tauchen bei Micheles Familie merkwürdige Leute auf und dann findet er mit Entsetzen heraus, dass seine eigener Vater einer der Entführer ist. Verängstigt versucht Michele trotzdem weiter, dem so unmenschlich gefangenen Filippo sein Schicksal ein wenig zu mildern. Als ihn einer der Entführer dabei erwischt, wird er misshandelt, bis seine Mutter rüde dazwischengeht. Dennoch ist auch sie ebenso wenig eine Lichtgestalt wie all die anderen Erwachsenen, die sich durchweg als jähzornig, dumpf, zuweilen boshaft und insgesamt fast völlig gewissenlos erweisen.

Das Buch fesselt mit manch makabren Szenen, die gerade durch diesen naiven, direkten Blick des Neunjährigen so beklommen machen. Und wie Filippo alles Elend der Welt auf sich vereinigt, so ist der doch so hasenfüßige Michele der einzig Barmherzige bis zur Selbstaufopferung in dieser Geschichte mit dem düster-dramatischen Happyend. Fazit: ein ebenso ungeschnörkeltes wie komplexes Meisterwerk, das niemanden unberührt lassen wird.

 

# Niccolo Ammaniti: Die Herren des Hügels (aus dem Italienischen von Ulrich Hartmann); 256 Seiten; C. Bertelsmann Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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