LOUISA LUNA: "DRAUßEN SEIN"

"Draußen sein" heißt der zweite Roman der jungen Amerikanerin Louisa Luna und erneut erweist sie sich als rüde realistische Gossen-Autorin. Ihre Ich-Erzählerin Melody hat gerade drei Jahre härtesten Knast als kleinen Vorgeschmack auf die Hölle genossen und taumelt nun in die zukunftslose Freiheit.

Ohne Geld und Perspektiven muss sie sich bei ihrer versoffenen, geilen Mutter einquartieren und der Job, den ihr der Bewährungshelfer besorgt, ist auch ziemlich das Letzte: der Transport von Dixie-Toiletten. Orientierungslos dumpft sie sich mit Alk und Pillen ein und macht einen großen Fehler, als sie sich auch noch mit dem drogensüchtigen Freund ihres lebenslänglich einsitzenden Bruders einlässt. Sie verfällt wieder in ihr altes Leben als "bad girl" wie vor jenem Tag, als sie ihrem Bruder bei einem Mord aus Hass half.

In einer Dramaturgie wie bei einem hitzigen Video-Clip erzählt sie von der tristen Kindheit mit viel Prügel und Lieblosigkeit der Mutter. Die eiskalten Szenen aus der Knastzeit lassen einen frösteln oder schaudern, denn Melody schildert sie schonungslos, direkt und gibt keine Chance auf Distanz von diesen alltäglichen kleinen Abartigkeiten des Knastlebens.

Doch auch die neue Freiheit ist eher relativ und Melody ist derartig ohne Illusionen, dass selbst ihre Träume nur Erinnerungen an miese Erlebnisse sind. Das alles ist rau, sarkastisch erzählt und geht unter die Haut mit dieser mitleidlosen Zwanghaftigkeit des Scheiterns. Feingeister werden diesen höchst körperlich spürbaren Rap über den beklemmenden Teufelskreis aus mangelnder Liebe, Alkohol, Drogen und Brutalität ablehnen – er ist ein unbequemes Stück junger, aggressiver Literatur und von der zwingenden Bildhaftigkeit eines neorealistischen B-Movies.

 

# Louisa Luna: Draußen sein (aus dem Amerikanischen von Kerstin Winter); 311 Seiten; Egmont VGS, Köln; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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