MELVIN JULES BUKIET: "FREMDES FEUER"

"Fremdes Feuer" heißt der jüngste Roman von Melvin Jules Bukiet und der New Yorker Erfolgsautor spielt einmal mehr den jüdischen Eulenspiegel, der demonstrativ und lustvoll auf jedes Maß an 'political correctness' pfeift. Sein Held ist Ich-Erzähler Nathan Kasakov, im Hauptberuf Redenschreiber des isrealischen Ministerpräsidenten Simon ben Levi.

Doch da geht es schon los, denn der hochintelligente aus Russland eingewanderte Zuarbeiter des Regierungschefs ist fast blind, stockschwul, wohnt noch bei Muttern, isst gern Schweinesteaks und hat ein inniges Verhältnis zu seinem deutschen Schäferhund Goldie (immerhin nicht "Blondie" wie der von Hitler!). Hinzu kommen extrem herbe Sarkasmen über sich und seine Umwelt bis hin zu solch frappierenden Sottisen wie: "Warum jeder, der alle Tassen im Schrank hat, uns Juden wirklich hassen sollte."

Als diesem selbstverliebten Wrack dann bei einer Wahlkampfveranstaltung ausgerechnet auf dem Rabin-Platz ein orthodoxer Fanatiker auch noch ein Ohr abschießt, nimmt er übel und geht auf die Suche nach den Hintergründen. Das Rätsel ist, wem der Schuss galt: dem Ministerpräsidenten oder dessen politisch völlig anders orientierten Sohn. Auf der Pirsch helfen dem Amateuraufklärer im wesentlichen Goldie und sein phänomenales Gedächtnis, vor allem aber die hochsensible sinnliche Wahrnehmung über die Nase, die sogar unterscheidet, wie viele Araber und Juden sich im Raum befinden und was sie gestern gegessen haben.

Nathan stolpert über Verschwörungen jeglicher Couleur von orthodoxen Siedlern über arabische Terroristen bis zu isrealischen Geheimdiensten und Ministerpräsident ben Levi, der seine Widerwahl um wirklich jeden Preis anstrebt. Er träumt sogar vom "Endsieg" und arbeitet an einer passenden Notwehrsituation. Da ist die titelgebende Operation "Fremdes Feuer" schließlich von allen Verschwörungen die monströseste und unglaublichste, die ausgerechnet der arg gehandicapte Ich-Erzähler mit unverschämter Chuzpe in einem ätzend komischen Finale von verquerer Logik zu entschärfen vermag.

Ein ungewöhnlicher Thriller? Vom Plot her ja, doch für das Genre ist die Geschichte zu schrill abseits des Realen – so verrückt ist nicht mal das real existierende Israel eines Herrn Sharon. Wer "Fremdes Feuer" dagegen als abstruse Fiktion voll hochkarätigem Zynismus und nachtschwarzem Humor begreift, der findet darin eine bitterböse Satire etwa der Art, als wäre ein bekiffter Douglas Coupland ins angeblich Gelobte Land umgezogen und triebe dort sein respektloses Unwesen.

 

 

# Melvin Jules Bukiet: Fremdes Feuer (aus dem Amerikanischen von Benjamin Schwarz); 479 Seiten; Luchterhand Literaturverlag, München; € 25

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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