CHRISTIAN von DITFURTH: "MANN OHNE MAKEL"

Christian von Ditfurth ist ein Historiker mit viel Fantasie und seine ebenso spannenden wie provokativen Romane nach dem Spekulationsmotto 'Was wäre, wenn...' sind bereits Legende. Sein neuestes Buch aber ist als ein fiktiver Krimi angekündigt. Womit man dem Autor schon fast Unrecht tut, denn was da als Kriminalfall mit besonders gemeinen Morden beginnt, wächst sich mit geradezu heimtückischer Dramaturgie aus zu einem fulminanten Thriller von höchsten Graden.

Da beißt sich die Hamburger Kripo die Zähne aus an einer unheimlichen Mordserie, bei der der Makler Holler in Jahresabständen erst seine Frau und nacheinander zwei der drei Kinder verliert. Allein Kommissarin Kreimeier zweifelt am attraktiven Holler als "Mann ohne Makel" – so auch der Buchtitel. Und dann wird sie ermordet. In Ihren Unterlagen stößt Kollege Oskar Winter auf einen mysteriösen Hinweis und zieht seinen alten Studienfreund Stachelmann ins Vertrauen. Der etwas verschrobene Geschichtsdozent, der unter Arthritisschüben und einer gewissen Antriebsschwäche leidet, ist Spezialist für Interna der Nazi-Zeit. Er horcht auf, als er von einer Spur zu SS-Totenkopfverbänden hört.

Der Leser lernt zugleich allmählich einen Mann kennen, der einst als Judenkind nach England verschickt wurde. Seiner Familie hatte man alles weggenommen, bevor man sie vergaste. "Er begann nachzudenken, wie er berichtigen konnte, was geschehen war." Dieser Leopold Kohn schreitet als "ein Gerechter" zur tätigen Rache. Derweil recherchieren Kripo und Stachelmann aneinander vorbei und der linkische Dozent gerät ebenfalls ins Visier des Mörders. Fast erwischt es ihn und nun entfaltet der Einzelgänger ungeahnte Energien, während die Geschichte mit immer neuen Wendungen und dennoch stets zwingender Logik in immer größere Dimensionen erwächst.

Der Weg führt in finstere Geheimnisse um eine regelrechte SS-Mafia, denn vor der Ermordung der Juden stand seinerzeit deren systematische Ausplünderung, die 'Entjudung der Wirtschaft'. Es ist ein besonderes Verdienst des Autors, dieses bisher wenig belichtete Phänomen mit viel Detailkenntnis im Rahmen der packenden Handlung darzulegen. Später wurden aus diesen Räubern von SS und Gestapo erfolgreiche Makler und angesehene Bürger. Doch wehe, wenn jemand ihre Kreise stört....

Dem Historiker von Ditfurth ist mit diesem atemberaubenden Roman ein deutscher Thriller vom Feinsten gelungen. Zugleich hat er mit seinem sympathischen Alter Ego Josef Maria Stachelmann einen ungewöhnlichen neuen Krimihelden geschaffen. Auf dessen weitere Taten darf man gespannt sein, denn wohl nicht umsonst lautet der Untertitel des Buches "Stachelmanns erster Fall".

 

# Christian von Ditfurth: Mann ohne Makel; 381 Seiten; Kiepenheuer & Witsch, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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