LEIF DAVIDSEN: "DER FLUCH DER BÖSEN TAT"
"Der
Fluch der bösen Tat" ist ein Thriller der Extra-Klasse und oft scheinen sich in Leif
Davidsens Roman Realität und Fiktion auf beklemmende Weise zu vermischen. Das liegt an
seiner Ausgangsidee, was hätte geschehen können, als der vom iranischen Todesbefehl
bedrohte Schriftsteller Salman Rushdie heimlich Dänemark besuchte. Diesmal
ist es Sara Santanda, die seit längerem in London untergetaucht ist, nachdem die Mullahs
eine Fatwa wegen entlarvender Schriften gegen sie ausgesprochen und mit einer Mordprämie
von vier Millionen Dollar verbunden haben. Während die dänische Regierung aus
wirtschaftlichen Gründen eine Annäherung an den Iran betreibt, lädt die angesehene
Zeitung "Politiken" die Verfemte zu einem ersten öffentlichen Auftritt nach
Kopenhagen ein. Der
iranische Geheimdienst hat davon erfahren und kontaktiert in der bosnischen
Serben-Hochburg Pale den hochkarätig ausgebildeten Killer Vuk. Quer durch Europa treibt
es ihn nach Berlin, wo die Russenmafia für den entsprechenden 'Vertrag' sorgt. Zugleich
bereitet die Journalistin und PEN-Vorsitzende Lise Carlsen im beschaulichen Dänemark den
bis zuletzt geheimgehaltenen Besuch der Iranerin vor. Sie arbeitet dabei mit dem
Geheimdienst-Mann Per Toftlund zusammen und tüftelt eine scheinbar geniale
Sicherheitsstrategie aus. Doch
Killer Vuk, den im Schlaf die Dämonen des bosnischen Grauens heimsuchen, in dem er über
Jahre Täter und Opfer war, ist ihnen bereits auf der Spur. Und als ehemaliges
Gastarbeiterkind, das einst hier aufwuchs, bewegt er sich unauffällig und mit tödlicher
Zielstrebigkeit. Während sich Lise immer heftiger in Per Toftlund verliebt, zumal ihre
Ehe mit dem Psychologen Ole in einer tiefen Krise steckt, versteht es Vuk, ausgerechnet
diesen Ole als Informationsquelle 'anzuzapfen'. Vor Infiltrationen und Verrat ist jedoch keine Seite
ganz sicher und so sickert selbst über den Einzelkämpfer Vuk etwas durch, denn auch die
braven Dänen haben zuweilen ihre weniger feinen Methoden. Der Autor
zieht die Handlungsstränge zunächst geradezu aufreizend langsam auf und versteht es
hinreißend, sie erst allmählich zu verknüpfen und das Feuer bis zum brachial
hereinbrechenden Finale ständig zu schüren. Äußerst präzise zeichnet er die
Charaktere und ihre Beweggründe. Selten erlebt man Thrillerfiguren, die so glaubhaft, ja,
fast erschreckend real sind, wie hier. Selbst der brutale Killer wird so exzellent
ausgeleuchtet, dass man seine Motive bei aller Abscheu nachvollziehen kann, ohne in ihm
ein Monster zu sehen. Leif
Davidsen beweist sich als großer Schriftsteller mit viel Menschenkenntnis und
Einfühlungsvermögen. Drama und Spannung sind gleichwohl stets präsent und machen diesen
Roman zu einem unvergesslichen Lesevergnügen, das zudem ein hohes Maß an Aktualität
bietet. |
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# Leif Davidsen: Der Fluch der bösen Tat (aus dem
Dänischen von Peter Urban-Halle); 340 Seiten; Paul Zsolnay Verlag, Wien; 19,90
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)
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